Bisher war der genaue Wortlaut der Antwort der USA und der Nato an Russland unbekannt. Man habe Russland einen «diplomatischen Weg» aufgezeigt, hiess es nur aus Washington.
Die spanische Tageszeitung «El Pais» hat das vertrauliche Schreiben nun veröffentlicht. Auf mehreren Seiten ist das Angebot der USA und der Nato an Russland aufgeführt, das am Mittwoch vor einer Woche versendet wurde.
Die USA und die Nato bieten Putin darin unter anderem die Zusammenarbeit in bereits bestehenden Foren an. Dazu gehören der Nato-Russland-Rat, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die OSZE, sowie der Strategische Stabilitätsdialog zwischen Washington und Moskau.
Antworten eng abgestimmt
Zudem bieten die USA und die Nato an, Abrüstungsvereinbarungen und «vertrauensbildende Massnahmen» auszuhandeln. Die Bedingung für eine erfolgreiche Umsetzung sei allerdings die Deeskalation der militärischen Bedrohung der Ukraine durch Russland.
Die beiden Hauptforderungen Russlands – einen bilateralen Vertrag über europäische Sicherheit und eine Zusage, die Ukraine nicht in der Nato aufzunehmen – lehnen die USA und die Nato klar ab.
Die Nato und die USA haben sich bei ihren Antworten eng abgestimmt. Die von «El Pais» publizierte Antwort besteht aus zwei Texten: ein Text mit dem Titel Vertraulich/Russland (bestehend aus einer Einleitung, sieben Punkten und kurzen Schlussfolgerungen) aus Washington und ein weiterer mit der Überschrift Nato-Russland Eingeschränkt (mit 12 Absätzen) des Verteidigungsbündnisses.
Konzept «nicht isoliert betrachtet werden»
Wie «El Pais» in einer ausführlichen Analyse schreibt, besteht der Hauptunterschied zwischen den beiden Texten darin, dass Washington bereit sei, über das OSZE-Konzept der «Unteilbarkeit der Sicherheit» zu sprechen. Putin beruft sich auf das Konzept, das besagt, dass die Sicherheit eines Landes nicht auf Kosten der Interessen eines anderen Staates gehen könne – er sieht Russland durch die Nato bedroht.
Die USA sehen das anders und weisen darauf hin, dass das Konzept «nicht isoliert betrachtet werden» könne. Sie seien jedoch bereit, sich mit den «jeweiligen Auslegungen» zu befassen. Washington erinnert ausserdem an die freie Bündniswahl, die eine endgültige Absage der Nato an die Ukraine für eine Mitgliedschaft nicht möglich mache: Die USA wie auch Russland hätten «das jedem Staat innewohnende Recht bekräftigt (...), seine Sicherheitsvereinbarungen, einschliesslich Verträge und Bündnisse, frei zu wählen oder zu ändern».
«Gravierende Unterschiede im Verständnis»
Russland hatte die schriftlichen Antworten von USA und Nato verlangt. Moskau fordert Sicherheitsgarantien gegen eine Nato-Osterweiterung. Dazu hatten die Behörden im Dezember bereits Vertragsvorschläge veröffentlicht.
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow veröffentlichte am Dienstag ein erstes Statement auf die Schreiben der USA und die Nato. Er sehe darin «gravierende Unterschiede im Verständnis des Grundsatzes der gleichen und unteilbaren Sicherheit». Eine Klärung dieser Unterschiede entscheide über den künftigen Dialog. (kin)