Gefängniswärter (†53) richtet in italienischer Kleinstadt Blutbad an
«Habe meine Frau und Töchter erschossen – lasse die Tür auf»

In der Nacht auf Samstag zieht Claudio C.* (†53) aus Orta Nova (I) seine Dienstwaffe und tötet die Familie im Schlaf.
Publiziert: 13.10.2019 um 14:55 Uhr
|
Aktualisiert: 13.10.2019 um 16:01 Uhr
1/4
In der Nacht auf den 12. Oktober 2019 erschiesst der Gefängniswärter seine Ehefrau (Mitte), Tochter Marianna (links) und Tochter Violetta (rechts) mit seiner Dienstpistole.
Foto: zvg
Myrte Müller

Der Tatort passt nicht ins Bild. Ein rosafarbenes Mehrfamilienhaus in ruhiger Wohngegend von Orta Nova (I). Auf dem Balkon hängt noch Wäsche zum Trocknen. Das Licht im zweiten Stock ist gelöscht. Alles scheint friedlich in der Via Luigi Guerrieri – bis mitten in der Nacht Schüsse die Stille zerreissen. 

Auch in Orta Nova, einer Stadt mit 17'000 Einwohnern, kann niemand die Tat nachvollziehen. Claudio C.* gilt als fürsorglicher Vater. Der Alltag der Familie wirkt ruhig und harmonisch. Und doch zieht der Gefängniswärter in der Nacht auf Samstag seine Dienstwaffe Kaliber 9, lädt sie mit vier Schüssen durch. Erst zielt er auf seine Frau Tiziana * (†54) und drückt ab. Dann geht er ins Zimmer seiner schlummernden Töchter und schiesst auch Marianna* (†12) und Violetta* (†18) in den Kopf. 

Um 2.30 Uhr, offenbar unmittelbar nach dem Blutbad, ruft Claudio C.* die Carabinieri an. «Ich habe meine Frau und meine Töchter erschossen. Jetzt bringe ich mich selber um. Ich lasse die Tür auf.» Nach dem Telefonat legt sich der Amok-Läufer wieder ins Ehebett neben die Leiche, hält sich die Pistole an die Schläfe und verschiesst die letzte Kugel im Lauf. 

Nur der Sohn (26) überlebt das Blutbad

Tiziana*, Marianna und Violetta sind auf der Stelle tot. Claudio C. verstirbt wenig später in der Ambulanz auf dem Weg ins Spital. Nur Andrea C.* (26) überlebt die Tragödie. Der Sohn wohnt nicht mehr in Orta Nova, sondern war nach Ravenna (I) gezogen. «Sie waren glücklich. Hätte ich eine Ahnung von irgendwelchen Problemen gehabt, ich hätte ich sie nie allein gelassen», sagt der junge Mann am Tag nach der Tragödie den Carabinieri von Foggia. 

Auch Marco, der Freund von Violetta, erklärt in italienischen Medien: «Es waren nette Leute. Violetta hat mir nie von Schwierigkeiten mit dem Vater erzählt.» Eine Nachbarin aus dem dritten Stock steht noch immer unter Schock. «Wir haben weder Streit gehört, noch einen Schrei. Mein Sohn hat nur einen Knall wahrgenommen. Doch er dachte nicht, dass das ein Schuss war.»

Hatte Claudio C. Spielschulden?

Claudio C. habe in letzter Zeit etwas bedrückt gewirkt, erklärt die Nachbarin weiter. «Er schien mit den Gedanken woanders.» Dass der Gefängniswärter seine ganze Familie ausmerzen würde, lässt die Nachbarin schockiert zurück. «Er sorgte sehr gut für seine Frau und seine Töchter.» 

Über 20 Jahre arbeitete Claudio C. in der Gefängnisaufsicht. Am Tag der Tat hat er noch seine Frühschicht geschoben, sagen Kollegen der Nachrichtenagentur Adnkronos. Verschlossen sei er gewesen, immer ruhig und freundlich. Nur beim Thema Fussball habe er mitgeredet. «Er war ein grosser Fan vom Foggia Calcio», erzählt Kollege Daniele Capone.

Warum der Mann seine Frau und Kinder tötet, dann sich selber richtet, ist allen ein grosses Rätsel. Wurde der psychische Druck auf der Arbeit zu gross? Oder hatte Claudio C. noch ein anderes Geheimnis? «Il Gazzettino» spricht von einer Leidenschaft fürs Glücksspiel. Von Schulden, die der Justizvollzugsbeamte nicht mehr schultern konnte. War der Mord an seinen Lieben eine verzweifelte Flucht aus einem ganz persönlichen Gefängnis?

* Namen geändert

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?