Lange zögerte der Westen im Syrien-Konflikt. Niemand wollte sich die Finger verbrennen und an der Seite von Diktator Baschar al-Assad Angriffe gegen Kämpfer des «Islamischen Staats» durchführen. Am 30. September dann die Meldung: Russland bombardiert mit Kampfjets Stellungen der IS-Kämpfer. Seither hat der Krieg in der Region eine völlig neue Dynamik erhalten.
Denn wie die «New York Times» berichtet, können auch die ebenfalls in den Konflikt involvierten Rebellen seit Kurzem auf Unterstützung zählen. Die Truppen sollen demnach erstmals Lieferungen von in den USA hergestellten Panzerabwehrraketen erhalten haben. Ahmed al-Saud, einer der Kommandeure der Aufständischen gegen das Assad-Regime, sagt: «Wir bekommen in sehr kurzer Zeit das, wonach wir fragen.» Seit sich Russland im Krieg engagiere, habe sich alles geändert.
US-Raketen auf russische Fahrzeuge
Wer genau die Waffen an die Rebellen geliefert hat, ist unklar. Ahmed al-Saud sagt aber, dass man kürzlich gleich sieben gepanzerte Fahrzeuge mit TOW-Panzerabwehrraketen habe zerstören können. Vor zwei Jahren haben die USA rund 13'000 Stück dieser Raketen an Verbündete in der Region – darunter Saudi-Arabien – geliefert. Es gilt als sicher, dass die Waffen aus diesen Kreisen kommen.
Die Anzeichen häufen sich, dass sich der Konflikt in Syrien immer mehr zu einem Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland mausert. Bereits kursieren Dutzende Videos, auf denen zu sehen ist, wie amerikanische TOW-Raketen auf in Russland hergestellte Kampffahrzeuge der syrischen Armee abgefeuert werden. Gemäss der «New York Times» sollen die Rebellen auch bereits US-Waffen für den Abschuss der russischen Flieger angefordert haben.
Kein «Schachspiel zwischen Supermächten»
Dass sowohl die Regierungstruppen als auch die Rebellen nun Unterstützung von den militärischen Grossmächten erhalten, hebt zwar die Kampfmoral auf beiden Seiten. Friedensverhandlungen dürften in Syrien hingegen in weite Ferne rücken.
Von offizieller Seite gestehen die USA und Russland ihr Engagement nur teilweise ein. Die russische Regierung hat eingeräumt, neben Zielen des IS auch Milizen zu beschiessen, die gegen das Assad-Regime vorgehen würden. Die USA bestätigen ihrerseits grössere Waffenlieferungen an Kämpfer, die gegen den IS und Regierungstruppen kämpfen würden. Der US-Präsident dementierte den Vorwurf des Stellvertreterkriegs vor einigen Tagen aber klar: Es handle sich hier nicht um ein «Schachspiel zwischen Supermächten». (cat)