Sie riskieren ihr Leben, um das Leben anderer zu retten: Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie die deutsche Sea Watch oder das niederländische Lifeboat Project fangen mit ihren Schiffen die Flüchtlingsboote auf dem Meer ab und retten die Migranten von den oft seeuntüchtigen Schiffen.
Doch am Mittwoch entkam auch die Crew der Sea Watch nur knapp dem Tod: Das Schiff befand sich vor der libyschen Küste. Sie hatte ein Holzboot mit unzähligen Flüchtlingen entdeckt. Mit einem Motorboot wollten sie Rettungswesten zum überfüllten Schiff bringen.
Ausweichen unmöglich
In diesem Moment nähert sich ein Kriegsschiff der libyschen Marine dem Schiff – und steuert mit hoher Geschwindigkeit direkt auf die Flüchtlingshelfer zu. Diese haben keine Chance auszuweichen.
Nur mit viel Glück kommt es nicht zum Zusammenstoss. «Er hat alle einfach nur in eine Riesengefahr gebracht», sagt Ruben Lampart, der Kapitän der Sea Watch 2. «Wir sind einfach nur glücklich, dass wir alle noch am Leben sind.» Die gefährliche Situation hat die Organisation auf Video aufgezeichnet und im Internet publiziert.
Ziel der Libyer sei gewesen, ein Flüchtlingsboot aus internationalen Gewässern wieder nach Libyen zu bringen – und so geschah es: Die Flüchtlinge wurden nach Tripolis dirigiert.
Heftige Vorwürfe an EU und Libyen
«Dies geschah ganz im Sinne des Aktionsplans der EU, welcher vorsieht, die libysche Marine und Küstenwache für die Migrationsabwehr einzuspannen», schreibt Sea Watch. Es sei nicht das erste Mal, dass derartige Aktionen zu Toten geführt hätten.
Die NGO fordert deshalb, dass sich die EU von diesen Plänen distanziert. Zudem müsse eine unabhängige Untersuchung stattfinden, inwieweit möglicherweise europäische Behörden die illegale Rückführung veranlasst haben.
Die Hauptroute von Flüchtlingen und Migranten über das Mittelmeer führt derzeit über Libyen. Die EU geht davon aus, dass die meisten der Mittelmeerflüchtlinge keinen Anspruch auf Asyl haben und will die Zahl der oftmals gefährlichen Bootsüberquerungen reduzieren. (kra)