Bekannter ist der Schiefe Turm von Pisa – das wohl bekannteste geneigte Gebäude der Welt. Italien hat einen zweiten schiefen Turm: den Garisenda, der mit seinen 48 Metern Höhe 3,22 Meter überhängt. Jetzt droht das Wahrzeichen im Herzen der Stadt am Fusse des Apennin jeden Moment einzustürzen. Die Behörden haben den Turm weiträumig abgesperrt.
Zudem wird eine fünf Meter hohe Containerbarriere um den mehr als 900 Jahre alten Turm errichtet, um vor herabstürzenden Trümmern zu schützen. Bolognas Stadtrat hat den Schutzwall aus Containern beschlossen, um «die Trümmer eines möglichen Einsturzes einzudämmen, Schäden an umliegenden Gebäuden und die Gefährdung der Bevölkerung zu verringern und den Zugang zu dem gesperrten Gebiet zu verhindern».
Roter Containergürtel
Der Bau soll demnächst beginnen und die erste Phase Ende Januar oder Anfang Februar abgeschlossen sein. Um den Turm werden Pfähle von etwa 20 Zentimetern Durchmesser tief in den Boden gerammt. Darauf wird eine Stahlbetonplatte liegen, die als Basis für eine doppelte Reihe von mit Stahlbeton gefüllten Containern dient.
Dieser Schutzgürtel aus Containern wird rot sein – wegen des Beinamens von Bologna. Die Stadt in der Emilia-Romagna wird wegen der Ziegeldächer und der vorherrschenden politischen Gesinnung «la rossa» genannt – «die Rote».
Garisendas knauserten
Seit fast einem Jahrtausend neigt sich der Turm mangels eines soliden Fundaments immer ein bisschen mehr – derzeit um vier Grad gegen Süden. Das Fundament hatte sich schon bei Baubeginn als so schwach erwiesen – die Garisendas investierten zu wenig Geld, heisst es –, dass die ursprünglich geplante Höhe von 60 Metern auf 48 gekappt wurde.
Der Schiefe Turm von Pisa weist mit seiner Höhe von 55,8 Metern und einem Überhang von 3,9 Metern die gleiche Neigung von vier Grad auf. Doch Fundament und Struktur sind solider.
Seltsame Geräusche
Bolognas Behörden sprechen von einem «höchst kritischen» Zustand. Erster Alarm wurde im Oktober geschlagen. Die Tourismusbehörde meldete seltsame Geräusche, Schwingungen, Vibrationen und selbst Bewegungen von einigen Millimetern im Inneren des Turms. Experten forderten das Einspritzen von Füllmaterial ins schwache Fundament, um den Garisenda zu stabilisieren.
Sofort wurde der Turm abgeriegelt, Sensoren messen seither die minimalsten Veränderungen. Der jetzt errichtete, massive Schutzkordon ist wohl ein Hinweis darauf, dass der Garisenda womöglich nicht mehr zu retten ist – und jeden Moment spektakulär in sich zusammenbrechen kann.