Die deutsche Regierung bat die betroffenen Länder, Rechtshilfeersuchen vordringlich zu bearbeiten und Haftbefehle rasch zu vollstrecken. «Viele Fotos und Videoaufnahmen werden jetzt ausgewertet, um die Täter namhaft zu machen. Dabei sind wir auch auf die Unterstützung unserer ausländischen Partner angewiesen», schrieb der deutsche Justizminister Heiko Maas am Dienstag an seine europäischen Kollegen.
Der deutsche Innenminister forderte in seinem Brief an die europäischen Partner eine Intensivierung der grenzüberschreitenden Kooperation. Die Zusammenarbeit solle so verbessert werde, «dass nicht beim nächsten Gipfeltreffen ein anderer Staat und eine andere Stadt von europäischen Krawalltouristen heimgesucht werden».
Solche Krawalltouristen waren auch aus der Schweiz angereist. Bei den Ausschreitungen der letzten Tage nahm die Polizei in Hamburg insgesamt fünf Schweizer Staatsbürger fest. Haftbefehl wurde jedoch lediglich gegen einen Schweizer beantragt, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg am Dienstag auf Anfrage sagte. Bei dieser Person handle es sich um einen 29-jährigen Mann aus Zürich.
Dem Beschuldigten werde vorgeworfen, zwei Glasflaschen auf Polizeibeamte geworfen zu haben. Zudem soll er einem Passanten, der sein Vorgehen kritisierte, einen Faustschlag versetzt haben.
In Hamburg sitzen zurzeit insgesamt 51 Verdächtige in Untersuchungshaft. Unter ihnen sind neben zahlreichen Deutschen und dem Schweizer auch Bürger aus Frankreich, Italien, Spanien, Russland, den Niederlanden und Österreich.
Die Hamburger Polizei will eine Sonderkommission mit bis zu 170 Ermittlern einrichten, um weitere Gewalttäter und Strippenzieher zur Rechenschaft zu ziehen. Sie plant die Auswertung von über 2000 Fotos. Die Bilddateien stammen nach Angaben von Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer teilweise von Handy-Aufnahmen, die der Polizei zur Verfügung gestellt wurden. Zudem müssten Hunderte Stunden Videoaufnahmen der Sicherheitskräfte ausgewertet werden
Beim Bundesamt für Justiz (BJ) waren bis Dienstagmorgen zwar keine offiziellen Rechtshilfeersuchen aus Deutschland eingegangen, wie eine Sprecherin auf Anfrage sagte. Allerdings sei zwischen der Schweiz und Deutschland der direkte Behördenweg möglich, hielt sie fest. Die Behörden könnten also untereinander kooperieren, ohne dass ein Rechtshilfegesuch nötig wird.
In der Schweiz sind die Behörden bereits aktiv geworden - so etwa im Kanton Bern. Dort ist die Kantonspolizei zum Schluss gekommen, dass Sprayereien auf dem Dach der Reitschule, die im Vorfeld des G20-Gipfels zum Protest aufriefen, möglicherweise strafrechtlich relevant sind. Dies berichtete am Dienstag die Zeitung «Blick».
Konkret besteht der Verdacht auf eine öffentliche Aufforderung zu Gewalt - und damit auf ein Offizialdelikt. Die Kantonspolizei erarbeite derzeit einen Rapport zuhanden der Berner Staatsanwaltschaft, sagte deren Sprecher Christof Scheurer auf Anfrage und bestätigte damit den «Blick»-Artikel.
Sollte sich herausstellen, dass die Schmierereien auf dem Dach der Reitschule das Strafrecht verletzten, müsste ein Verfahren eröffnet und die Verantwortlichen identifiziert werden.