«Wir haben im Extremistenbereich keine ausreichende Datengrundlage in Europa», sagte der SPD-Politiker Maas am Montag der «Bild»-Zeitung. Das habe der Gipfel in Hamburg deutlich gemacht. Europa sei in diesem Punkt noch nicht gut aufgestellt.
Bei den schweren Krawallen sei eine grosse Zahl der Straftäter aus dem Ausland gekommen, sagte der Justizminister. Deshalb werde innerhalb der EU eine Datei benötigt, auf die alle Länder zugreifen könnten.
Eine solche Datei würde es den Behörden ermöglichen, «bei solchen Ereignissen einen besseren Überblick zu bekommen und Leute an den Grenzen abzuweisen», zeigte sich Maas überzeugt. Auch Innenpolitiker der Regierungskoalition aus Union (CDU/CSU) und SPD fordern eine europäische Extremistendatenbank.
Der Innenpolitikexperte Stephan Mayer (CSU) sprach sich zudem für eine Schliessung von Autonomen-Zentren in Hamburg und in Berlin aus. Diese rechtsfreien Räume dürften nicht mehr von den Behörden geduldet werden.
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, forderte gar eine Art europäisches FBI. Er habe schon vor Monaten die Frage aufgeworfen, ob Europa bei den offenen Grenzen nicht auch eine grenzüberschreitende Polizei haben müsse, «die bei schweren Gewalttaten, so wie hier, bei terroristischen Gewalttaten, grenzüberschreitend tätig werden kann».
Grundsätzlich müsse es möglich sein, in deutschen und europäischen Städten solche Gipfel zu organisieren. «Bloss nicht der Gewalt weichen», sagte Ischinger.
Justizminister Mass hingegen sprach sich dafür aus, Gipfeltreffen wie den G20 künftig nicht mehr in deutschen Grossstädten auszutragen. «In einer deutschen Grossstadt wird nie wieder so ein Gipfel stattfinden», sagte Maas der «Bild»-Zeitung.
Beim G20-Gipfel in Hamburg war es von Donnerstag bis Sonntag zu schweren Krawallen gekommen. Gewalttäter zündeten Autos an, lieferten sich Strassenschlachten mit der Polizei, plünderten Geschäfte und richteten erhebliche Schäden in mehreren Stadtvierteln an. Fast 500 Polizisten wurden bei den G20-Einsätzen verletzt.
Wegen den Ausschreitungen geriet der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) in die Kritik. Zurücktreten will er deswegen aber nicht, wie Scholz am Sonntagabend in der ARD-Sendung «Anne Will» sagte. Er verteidigte auch erneut den Polizeieinsatz bei dem Gipfel und forderte harte Strafen für Gewalttäter.
Die Hamburger CDU-Fraktion hatte zuvor Scholz zum Rücktritt aufgefordert. «Der Bürgermeister hat die Lage eklatant falsch eingeschätzt», erklärte der Fraktionsvorsitzende André Trepoll.
Rückendeckung bekam Scholz dagegen von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU). Er könne keinen Grund für einen Rücktritt erkennen, sagte Altmaier im Norddeutschen Rundfunk. Die Bundesregierung habe «gemeinsam mit Hamburg alle Schritte geplant und vorbereitet».
Symbolhafte Reaktionen wie Rücktrittsforderungen würden nicht weiterhelfen, sagte auch Innensenator (Landesregierung) Andy Grote dem Sender NDR Info. Die Ursachen für die Gewalt lägen tiefer. Er kündigte die Einrichtung einer Sonderkommission an, um Gewalttaten aufzuklären.