Flugzeuge stehen in der Kritik und dennoch können wir uns das moderne Leben ohne sie nicht vorstellen. Doch die wachsende Umwelt-Kritik zwingt Forscher zu neuen Ideen: Flugzeuge, die klimafreundlicher fliegen, Einzelpassagiere transportieren, mit Überschall unterwegs sind oder eine Flugroute über die Atmosphäre hinaus wählen. BLICK hat sechs Zukunftsmodelle zusammengetragen.
Überschallflugzeug
2003 ging ein Stück Fluggeschichte zu Ende: Der legendäre Flugzeug-Typ «Concorde» wurde ausser Dienst gestellt, nachdem es 2000 zu einem tragischen Absturz bei Paris gekommen war. Das Faszinierende an der Concorde: Es war das erste Flugzeug, dass mit Überschallgeschwindigkeit flog. Mach 2,2 (also mehr als doppelte Schallgeschwindigkeit) konnte sie erreichen – oder konkret: Die Flugstrecke London – New York dauerte dreieinhalb Stunden. Heute dauert der Flug fast acht Stunden.
Overture – Comeback des Überschalls
Die Maschine Overture von Boom Technology ist eines der vielversprechendsten Nachfolger der Concorde. Die Maschine soll wie ihr Vorläufer mit 2,2 Mach fliegen können.
Wichtiger Unterschied zu seinem Vorgänger sollen der Antrieb und somit die damit verbundenen Kosten sein: Die Betriebskosten sollen so tief gehalten werden, dass ein Flug von New York nach London 2’500 Dollar kosten soll, bei einer Reisegeschwindigkeit von dreieinviertel Stunden. Zum Vergleich: Ein gleiches Ticket für die Concorde kostete damals 18’000 Dollar.
Auch wenn die Entwickler noch keinen zuverlässigen Antrieb für die Maschine fertigstellen konnten, scheint das Investoren wie Google nicht abzuschrecken: Über 140 Millionen hat Boom Technology bereits für die Entwicklung eingesammelt. Das Flugzeug soll 2020 zu Testflügen abheben. Geplant ist die kommerzielle Verwendung der Maschine ab 2023 – die dann bis zu 50 Passagiere befördern soll.
Spike S-512 – Leiser als ein Lastwagen
Mit der S-512 gelingt der US-Firma Spike Aerospace die Veredlung der Überschall-Maschinen. Sie ist mit 18 Sitzplätzen eine reine Business-Class Maschine, die den Flug New York – London mit 1,2 Mach in etwas mehr als vier Stunden schaffen soll.
Zwar ist sie nicht die schnellste Maschine, doch ist sie in zweifacher Hinsicht eine Sensation: Bei den Testflügen erzeugte die Maschine beim Überschreiten der Schallgeschwindigkeit keinen Überschall-Knall. Lediglich 75 Dezibel wurden gemessen. Demnach ist sie leiser als ein Lastwagen.
Was wäre das Fliegen ohne die himmlische Aussicht? Die S-512 hat zwar keine Fenster, überträgt die Aussicht aber über Live-Monitoren auf die Innenwänden – man fliegt quasi mit Panorama-Dach. Durch das Wegfallen der Fenster wird das Flugzeug leichter, da keine zusätzlichen Stabilisatoren angebracht werden müssen – es wird also auch billiger und energieeffizienter.
Ausserdem kann die luxuriöse Innenausstattung individuell angepasst werden – für einen stolzen Einkaufspreis von etwa 47 Millionen Franken.
Zwar befindet sich der Prototyp noch in der Forschung. Doch die Hersteller sind zuversichtlich, dass die Maschine ab 2023 für den kommerziellen Gebrauch bereit ist.
Der SpaceLiner – ein Flug ins Weltall
Von London nach Australien in etwa 90 Minuten? Eine echte Revolution bietet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt an. Seit 2005 forscht sie an einem Projekt, dass sie «SpaceLiner» tauften.
Das Revolutionäre: Das Flugzeug fliegt die rund 50 Passagiere bis zum äusseren Rand der Atmosphäre und sinkt dann im Gleitflug in seine Zielrichtung. Dabei sollen 25 Mach – also über 8500 Meter pro Sekunde erreicht werden. Die Maschine wird wie ein Space Shuttle senkrecht starten und dabei von einer Antriebs-Rakete ins All befördert. Wie beim Space Shuttle verlässt die Antriebs-Rakete dann die Maschine. Dabei soll die Rakete autonom zur Ausgangsposition zurückfliegen.
Ist der äussere Rand der Atmosphäre erreicht, gleitet der «SpaceLiner» sanft über die Erdkugel. Zwar werden zwei Piloten die Kontrolle über die Maschine haben, doch der gesamte Flug soll völlig autonom sein.
Nicht nur das Flugkonzept ist revolutionär, sondern auch der Antrieb. Zwar existiert diese Technologie bereits für Raumfahrten, doch der Einsatz von flüssigem Sauerstoff und flüssigem Wasserstoff für die zivile Luftfahrt ist neuartig.
2035 sollen die ersten Flüge mit dem «SpaceLiner» möglich sein. Zwischen 2040 und 2050 soll das Wunderwerk dann für kommerzielle Flüge bereit sein. Der Haken: bis dahin müssen noch weitere 30 Milliarden Euro gesammelt werden.
Aeromobil 3.0 – Das Flugauto
Kilometerlange Auto-Staus sind für viele Autofahrer der Horror. Vielfach denkt man sich, wie schön es doch wäre, wenn man mit dem Auto ganz einfach den Stau überfliegen könnte.
Das ist bereits seit 2014 möglich. Das Aeromobil 3.0 ist ein slowakisches Auto, das fliegen kann. Gänzlich ungeeignet für längere Strecken und mit einer Fluggeschwindigkeit von 260 Kilometern pro Stunde weit unter der Leistung der Überschall-Flieger, ist es dennoch ein futuristisches Transportmittel der Gegenwart. Zum Abheben braucht das Flug-Auto eine Strecke von 400 Metern. Dumm nur, dass die meisten Städte Flugverbotszonen sind.
Weiterer Makel: Das «Aeromobil» ist nicht für jedermann erschwinglich, denn das Flugauto hat einen stolzen Preis von etwa 1,2 Millionen Franken.
Seit 2017 ist eine neue Generation in Produktion: Das «Aeromobil 4.0» ist mit einem Hybrid-Motor ausgestattet – der Verkaufspreis hat mit 1,5 Millionen Franken nicht nachgelassen. Er ist gestiegen.
Alice Commuter – Das Pendlerflugzeug
Die israelische Firma «Eviation» stellt mit seinem «Alice Commuter» eine Lösung für Kurzstreckenflieger vor. Die Maschine soll 2022 für den kommerziellen Flug einsatzbereit sein.
Insgesamt neun Passagiere soll der Flieger befördern können. Es soll das erste kommerzielle Flugzeug werden, das ausschliesslich von Elektromotoren angetrieben wird. Der Hersteller erwartet, dass die Betriebskosten einen Fünftel von konventionellen Fliegern betragen wird. Damit soll Kurzflug-Pendlern eine Möglichkeit geboten werden, billig und klimafreundlich zu fliegen.
Flying V – Der neue Airbus
Das vielversprechendste der Modelle ist die «Flying V» von der niederländischen Universität «TU DELFT». Das Design ist nicht futuristisch, sondern auch innovativ. Denn neu sind die Flügel der Maschine gleichzeitig auch der Kabinenraum.
Die Triebwerke sind am Heck des Fliegers befestigt. So wird mehr Raum für die Passagiere geschaffen. Ausserdem sind die 314 Passagier-Sitze an der Decke befestigt. Demnach kann die Flying V mehr als 200 Prozent mehr Passagiere pro Flug transportieren als ein heutiger Airbus. Durch die aerodynamische Konstruktion erwarten die Entwickler bis zu 20 Prozent weniger Kerosinverbrauch pro Flug.