Fürst kämpft um Schlösser und Ländereien in Tschechien
Liechtenstein gräbt das Kriegsbeil aus

Im Zweiten Weltkrieg haben die Tschechen grosse Ländereien der Liechtensteiner enteignet. Nun geht das Fürstentum wegen eines 600 Quadratkilometer grossen Waldes vor Gericht. Es will das Grundstück zurückhaben.
Publiziert: 22.12.2018 um 00:06 Uhr
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Beim Volk beliebt: Liechtensteins Fürst Hans-Adam II.
Foto: EQ
Guido Felder

Das kleine Fürstentum Liechtenstein (160 km²) liegt mit dem rund 500-mal grösseren Tschechien (78'866 km²) im Streit. Es geht um Ländereien, welche die tschechischen Behörden im Zweiten Weltkrieg auf der Grundlage der sogenannten Benes-Dekrete zur Enteignung der Sudetendeutschen konfisziert hatten. 

Liechtenstein fordert diese Grundstücke zurück. Das Fürstentum verweist im Streit darauf, dass es im Krieg an der Seite der Schweiz neutral geblieben sei und nicht Nazi-Deutschland unterstützt habe. Die Enteignung sei daher nicht rechtens.

Wald auf Ex-Fürst eingetragen

Nun gehen die Liechtensteiner wegen eines Falls vor Gericht. Die Privatstiftung des Fürsten hat bei 26 tschechischen Bezirksgerichten Klage eingereicht, um zu erwirken, dass Prag einen 600 Quadratkilometer grossen Wald südöstlich der Hauptstadt als Besitz des Fürstentums anerkennt. Erst vor vier Jahren hatte ein tschechischer Anwalt bemerkt, dass als Grundeigentümer Fürst Franz Josef II. (1906–1989), der Vater des heutigen Fürsten Hans Adam II. (73), im Grundbuch eingetragen ist. 

Wegen geänderter Gesetze könnte das Grundstück infolge einer «positiven Ersitzung» in tschechischen Besitz übergehen. Das wollen die Liechtensteiner mit der Klageflut verhindern.

Politische Eiszeit

Eine Historikerkommission mit Mitgliedern aus beiden Staaten hat in den vergangenen Jahren sämtliche enteigneten Grundstücke aufgelistet. Betroffen sind nicht nur das Fürstenhaus, sondern weitere 37 liechtensteinische Staatsangehörige. Auf den Grundstücken befinden sich prunkvolle Schlösser wie jene in Lednice und Valtice, Fabriken, Bergwerke und Wälder, die in Tschechien teils in Staatsbesitz und teils in private Hände übergingen. 

Wegen des Streits herrschte zwischen den beiden Staaten lange politische Eiszeit, 2004 noch hatte sich Liechtenstein gegen den Beitritt Tschechiens in die EU gewehrt. Erst 2009 wurden diplomatische Beziehungen geknüpft.

Diskussionen gehen weiter

Der Streit ist aber noch lange nicht beigelegt. Vaduz will auf die enteigneten Ländereien nicht verzichten. In einer gemeinsamen Erklärung hielten die beiden Aussenministerien 2014 fest, dass «ungeachtet der gemeinsamen verständnisvollen Betrachtung der Geschichte (…) unterschiedliche Positionen zu einigen Fragen bleiben». Man wolle die Diskussion aber fortsetzen. 

Das Haus Liechtenstein hat in den tschechischen Gebieten Böhmen und Mähren eine über 700-jährige Geschichte und gehörte da zu den reichsten Adelsfamilien des 1918 untergegangenen Habsburgerreichs. 1945 waren die Liechtensteiner mit 1200 Quadratkilometer Land sogar der grösste Grundbesitzer der damaligen Tschechoslowakei.

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