Für riskante Impf-Versuche
14'000 Freiwillige wollen sich mit Coronavirus infizieren

Die Jagd nach einem Corona-Impfstoff ist in vollem Gang: Mit riskanten Versuchen könnte die Entwicklung beschleunigt werden. Das Vorhaben ist jedoch stark umstritten.
Publiziert: 06.05.2020 um 09:49 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2020 um 12:23 Uhr
14'000 Freiwillige wollen sich mit Coronavirus infizieren
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Für riskante Impf-Versuche:14'000 Freiwillige wollen sich mit Coronavirus infizieren

Ein Impfstoff gegen Covid-19 muss her – so schnell wie möglich. Jeder Tag, der verstreicht, kostet Menschenleben. Um den Prozess zu beschleunigen, wollen Forscher nun freiwillige Testpersonen mit dem Coronavirus infizieren, um die Entwicklung von Impfstoffen voranzutreiben. Das berichtet der «Tages-Anzeiger» heute.

Die Gruppe nennt sich «1Daysooner». Und mit dem Vorhaben soll der Impfstoff nicht Tage, sondern Monate früher da sein. Jeder Impfstoff, der entwickelt wird, läuft durch verschiedene Phasen. Die ersten beiden Phasen dienen für den Nachweis, ob er sicher und gut verträglich ist. Bei der dritten – sehr zeitaufwendigen – wird getestet, ob er tatsächlich wirkt.

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Jennifer Haller (links) erhielt in Seattle (USA) Mitte März als erste Testperson einen potenziellen Impfstoff. Dieser befindet sich aber erst in der ersten Phase.
Foto: keystone-sda.ch

Prozess könnte stark beschleunigt werden

Schneller geht das, wenn die geimpften Menschen gezielt infiziert werden. Und damit liesse sich der Prozess stark beschleunigen. Doch dieses Vorgehen ist umstritten. «Freiwillige zu infizieren, könnte sie einer schweren Krankheit und sogar dem Tod aussetzen», schreiben die Forscher um Marc Lipsitch und Peter Smith im «Journal of Infectious Diseases» laut «Tages-Anzeiger».

Aber, halten die Forscher fest, durch solche riskanten Tests könnten die Todeszahlen weltweit verringert werden – da schneller festgestellt werden kann, ob der Impfstoff wirkt. Nur einen Monat früher würde über 200'000 Menschenleben retten, schreibt die Gruppe auf der Webseite.

Und Freiwillige sind da: Knapp 14’000 Freiwillige aus mehr als 100 Ländern haben bereits ihr Interesse signalisiert. Die Gruppe will aber nur junge und gesunde Testpersonen in Betracht ziehen, weil diese selten schwere Verläufe mit Covid-19 zeigen.

«Freiwillige Zustimmung reicht nicht»

«Selbst wenn Menschen aus freiem Willen mitmachen wollen und sie alle Risiken verstanden haben, reicht die freiwillige Zustimmung nicht als ethisches Argument für solche Versuche», sagt die Bioethikerin Samia Hurst von der Universität Genf zum «Tages-Anzeiger».

Der Schweizer Immunologe Martin Bachmann forscht auch am Impfstoff, will die Wirksamkeit aber anders überprüfen: Er setzt die Antikörper aus dem Blut von geimpften Personen im Labor dem Virus aus. Die Weltgesundheitsorganisation WHO will sich in den nächsten Wochen mit einer Stellungnahme zu dem Vorstoss äussern. (neo)

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