Für den Dalai Lama sind es «zu viele Flüchtlinge»
«Deutschland kann kein arabisches Land werden»

Es seien «mittlerweile zu viele» und sie sollten nur «vorübergehend» aufgenommen werden: Der Dalai Lama hat in einem Interview überraschende Aussagen über die deutsche Flüchtlingspolitik gemacht. Und nennt George W. Bush «mein Freund».
Publiziert: 01.06.2016 um 16:28 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 18:20 Uhr
Für den Dalai Lama sei es «moralisch richtig, Flüchtlinge nur vorübergehend aufzunehmen». Und das obwohl er selbst seit 1959 im Exil lebt.
Foto: AP Photo/Ashwini Bhatia
Nicole Bruhin

Der Dalai Lama hat der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» in Dharamsala, im Norden Indiens, ein ausführliches Interview gegeben. Das spirituelle Oberhaupt der Tibeter gab dabei überraschende Aussagen zu den Flüchtlingen in Europa kund. Seit dem Tibeteraufstand im Frühling 1959 lebt der 14. Dalai Lama im Exil – kennt also die Flucht aus dem eigenen Land selbst: «Wenn wir in das Gesicht jedes einzelnen Flüchtlings schauen, besonders bei den Kindern und Frauen, spüren wir ihr Leid», meint er. Jeder, dem es etwas besser gehe, habe die Verantwortung, den Flüchtlingen zu helfen.

Aber: «Andererseits sind es mittlerweile zu viele.» So viele, dass das Zusammenleben in der Praxis schwierig werde. «Europa, zum Beispiel Deutschland, kann kein arabisches Land werden.» Flüchtlinge sollten deshalb nur vorübergehend aufgenommen werden. Er halte es «auch moralisch» für sinnvoll, dass sie zurückkehren und beim Wiederaufbau ihrer eigenen Länder mithelfen.

«Mein Freund George W. Bush»

Mit Blick auf seine eigene Heimat äusserte der Friedensnobelpreisträger die Hoffnung, «vielleicht in ein paar Jahren» zumindest für einen kurzen Besuch nach Tibet zurückkehren zu können. Der Wandel in China stimme ihn trotz der Repressionen in Tibet zuversichtlich.

Wie es nach seinem Tod mit Tibet weitergeht äussert er eine Befürchtung: Es sei «möglich», dass die Tibeter ohne seine Führung zu Gewalt greifen könnten, sagte der Dalai Lama. Legitim ist die Anwendung von Gewalt seiner Ansicht nach, wenn «die Umstände so sind, dass es keine andere Wahl gibt und Mitgefühl die Motivation ist». Dazu bringt er ein überraschendes Beispiel: «Wie mein Freund George W. Bush: Seine Motivation war sehr aufrichtig. Er wollte Demokratie in den Irak bringen. Eine Person eliminieren. Er benutzte Gewalt. Die Folgen waren negativ.» Gewalt sei unberechenbar – «deshalb besser keine Gewalt».
 

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