Ein frischer Wind weht durch Kuba, ein Hauch von Umbruch, von Freiheit. Frühlingserwachen im sozialistischen Karibikstaat.
Bis vor kurzem streng planwirtschaftlich geführt, boomt die Privatwirtschaft. «Es gibt einen Wechsel, eine Öffnung», sagt Kuba-Kenner Marcel Rüegg (47). Der Schweizer führt seit Jahren ein Hostal in der Hauptstadt Havanna. «Das Land, die Menschen bereiten sich darauf vor.» Wird Cuba endlich libre?
Erstes Zeichen des Tauwetters: Der Handschlag des kubanischen Aussenministers Bruno Rodríguez (57) mit US-Amtskollege John Kerry (71). Ein historischer Moment vor dem Amerika-Gipfel. Zwei Spitzenpolitiker der Erzfeinde plaudern von Angesicht zu Angesicht. Beim «Gipfel der Amerikas» gestern und heute in Panama-Stadt hofft die Welt auf ein Treffen von US-Präsident Barack Obama (53) mit Kubas Präsident Raúl Castro (83). Das gab es seit über 50 Jahren nicht mehr.
Knapp vier Monate nach der Revolution besuchte Revolutionsführer Fidel Castro (88) im April 1959 die Vereinigten Staaten. Freunde wurden die Länder nicht. Castro, später 49 Jahre an der Spitze Kubas, verstaatlichte die Industrie, enteignete die Grossgrundbesitzer, schottete sein Land rigoros ab. Schutzpatron des neuen Kuba: die Sowjetunion. An Castros Seite ein Argentinier, der legendäre Ernesto «Che» Guevara († 39).
Die USA brachen 1961 die Beziehungen zu Kuba ab. Eine von den Amerikanern orchestrierte Invasion von Exil-Kubanern in der Schweinebucht scheiterte kläglich. Anfang 1962 verhängten die USA ein Wirtschaftsembargo über dem Inselstaat. Monate später stand die Welt knapp vor einem Atomkrieg: Die Sowjets stationierten Raketen auf Kuba, in Reichweite der USA. Präsident John F. Kennedy pokerte hoch und zog eine Seeblockade auf. Die Russen zogen ab. Castro herrschte fortan mit Rationierungspolitik, setzte auf Eiszeit mit den USA.
Mit der Machtübergabe an Fidels Bruder Raúl begann das Eis zu tauen. Obama weichte das Embargo auf und lockerte die Reisebedingungen. Letzten Dezember das Undenkbare: das erste Telefonat der Präsidenten der beiden Länder.
Nun gibt es bereits direkte Charterflüge von New York nach Havanna – und direkte Telefonverbindungen. Jetzt also treffen sich Barack Obama und Raoul Castro. Das ist mehr als ein symbolischer Akt. «Natürlich macht das die Kubaner euphorisch», sagt der Schweizer Hotelier Marcel Rüegg. «Es gibt eine realistische Hoffnung auf grosse Veränderungen.»