Frontex-Chef warnt
«Mittelmeer-Route so stark benutzt wie noch nie»

Einmal mehr verlagern sich die Flüchtlingsrouten im Mittelmeer. Das belastet vor allem Italien.
Publiziert: 28.06.2016 um 07:16 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 17:17 Uhr
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Flüchtlinge warten im Mittelmeer auf Rettung. Die Route gewinnt nach der Schliessung der Balkanroute an Bedeutung.
Foto: DARRIN ZAMMIT LUPI

Der Direktor der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, hat vor einer Belastung Italiens durch die Verlagerung der Flüchtlingsrouten im Mittelmeer gewarnt: «Die zentrale Mittelmeerroute ist so stark frequentiert wie noch nie.«

Aus Libyen kämen «13 bis 14 Mal mehr Flüchtlinge nach Italien als Migranten aus der Türkei nach Griechenland», sagte Leggeri den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Dienstag. Die Zahl der illegalen Grenzübertritte zwischen Libyen und Italien übersteige in diesem Jahr die Zahl aller anderen illegalen Grenzübertritte in die EU, sagte der Frontex-Chef weiter.

Die Route werde vor allem von Flüchtlingen aus Westafrika und vom Horn von Afrika genutzt. «In Eritrea gibt es Verfolgung und eine brutale Diktatur, diese Menschen sind schutzbedürftig«, sagte Leggeri. «Aus Senegal, Gambia, Elfenbeinküste und Niger fliehen viele aus wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit.»

«Müssen mit 300'000 Menschen rechnen»

«Wenn die Migrationsströme aus Westafrika in Richtung Libyen anhalten, dann müssen wir mit etwa 300'000 Menschen rechnen, die in diesem Jahr aus Westafrika in die nördlichen Maghreb-Staaten fliehen, um dann weiter nach Europa zu reisen», warnte Leggeri. Unklar sei, wieviele von ihnen dieses Jahr noch die Überfahrt per Boot wagen.

Besorgt zeigte sich Leggeri darüber, dass in letzter Zeit immer mehr Flüchtlinge von Ägypten aus die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer nach Europa wagten. Ägypten entwickle sich zu einem «neuen Hotspot«, sagte er. «Die Route wächst», fügte er hinzu. «Die Überfahrt ist hochgefährlich, die Fahrt dauert oft länger als zehn Tage."

Balkanroute ist out

Im vergangenen Jahr hatten viele Flüchtlinge noch versucht, über die Türkei nach Griechenland und von dort aus weiter nach Mitteleuropa zu gelangen. Durch die Abriegelung der so genannten Balkanroute und das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei sind die Flüchtlingszahlen dort in letzter Zeit drastisch gesunken.

Leggeri lobte das Ansinnen der EU-Kommission, Flüchtlingen aus Krisenregionen mehr Möglichkeiten zur legalen Einreise in die EU zu geben. Diese Forderung sei richtig, «nicht nur zum Schutz der Migranten, sondern auch, um die Einreise von Terroristen und Kriminellen» zu verhindern. Denkbar seien etwa «humanitäre Sonderflüge aus den Flüchtlingscamps im Libanon, Türkei oder Jordanien» in Richtung EU. (sda)

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