Freunde des getöteten Daniel H. warnen
«Lasst eure Trauer nicht in Hass umwandeln»

Der erstochene Deutsch-Kubaner Daniel H.* (†35) war ein friedliebender Mensch und würde die Ausschreitungen in Chemnitz ablehnen.
Publiziert: 30.08.2018 um 15:36 Uhr
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Aktualisiert: 02.10.2018 um 18:02 Uhr
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Foto: Siggi Bucher

Der Tod des Deutsch-Kubaners Daniel H.* (†35) löste in Chemnitz schwere Unruhen aus. Neonazis zeigten Hitlergrüsse, es kam zu Hetzjagden auf Ausländer. Doch Daniel H. hätte das bestimmt nicht so gewollt. Das zeigen Aussagen der Freunde, die um den getöteten Schreiner trauern. 

«Daniel war ein friedliebender, hilfsbereiter und sehr lebensfroher Mensch, der immer ein Lächeln im Gesicht hatte», sagt Dachdecker Fernando Herrmann (41) zur deutschen Nachrichtenseite «bild.de». Der politische Strassenkampf, der nun in Chemnitz als Folge seines Todes ausgetragen wird, hätte Daniel nicht gefallen. Herrmann: «Daniel war politisch eher alternativ, weder links noch rechts.»

«Rechte benutzen es als Plattform»

Ein anderer Freund beschreibt den Schmerz durch den Verlust von Daniel H. und warnt zugleich davor, Gewalt als Lösung anzusehen: «Ein guter Freund ist von uns gegangen, und ich habe keine Worte, die es beschreiben können, wie sehr Daniel fehlt.» So heisst es laut der Nachrichtenseite «freiepresse.de» auf der Facebook-Seite des Freundes, der offenbar auch einen ausländischen Hintergrund hat.

«Ich bitte euch um eins, lasst eure Trauer nicht in Wut und Hass umwandeln. Diese Rechten, die das als Plattform nutzen, mit denen mussten wir uns früher prügeln, weil sie uns nicht als genug deutsch angesehen haben.» Jeder, der Daniel H. gekannt habe, wisse, dass er die Ausschreitungen nicht gutgeheissen hätte. «Es geht hier nicht um Politik, sondern dass ein guter Freund nicht mehr da ist. Ich würde gern die ganze Welt anhalten, da er fehlt.»

Entbrannte der tödliche Streit wegen Zigaretten?

Ohnehin hat sich die Tat offenbar komplett anders abgespielt, als es vom rechten Mob auf der Strasse und auf Social Media dargestellt wird. Die Nachrichtenseite «freiepresse.de» hat auch mit der Ehefrau eines bei der Auseinandersetzung verletzten Begleiters von Daniel H. geredet. Die Ukrainerin alarmierte die Polizei über den blutigen Streit. Doch sie sei nicht, wie verschiedentlich behauptet, begrapscht worden. Zwischen ihrer Gruppe und den Tätern sei ein Streit eskaliert, bei dem es um Zigaretten gegangen sei. 

Die Staatsanwaltschaft bestätigt, dass es nicht zu einem sexuellen Übergriff gekommen ist. Ob es tatsächlich um Zigaretten ging, ist für die Staatsanwaltschaft noch nicht klar.

Daniel H. wurde am vergangenen Sonntag mit fünf Messerstichen in den Oberkörper lebensgefährlich verletzt. Der Deutsch-Kubaner starb wenig später im Spital. Zwei Begleiter (33 und 38) überlebten die Messer-Attacke. Der mutmassliche Messerstecher, der Iraker Yousif Ibrahim A. (22), und sein mutmasslicher Mittäter Alaa S. aus Syrien befinden sich zurzeit in Untersuchungshaft. (noo)

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