Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) steht nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» im Verdacht, als Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst zu haben. Die Zeitung sprach nach eigenen Angaben mit einer Reihe von Augenzeugen, die von dem Vorfall aus dem Schuljahr 1987/88 am Burkhart-Gymnasium in Mallersdorf-Pfaffenberg berichteten, und zitierte in ihrer Samstagsausgabe auch aus dem Schriftstück mit dem rechtsextremistischen Inhalt. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte Aufklärung.
Laut «SZ» war das verfasste und ausgelegte Flugblatt offenbar die Reaktion auf einen Schülerwettbewerb zur deutschen Geschichte. Das Pamphlet ruft zur Teilnahme an einem angeblichen Bundeswettbewerb auf: «Wer ist der grösste Vaterlandsverräter?» Bewerber sollten sich «im Konzentrationslager Dachau zu einem Vorstellungsgespräch» melden, hiess es darin. Als erster Preis wurde «Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz» ausgelobt. Weiter zu gewinnen sei «Ein lebenslänglicher Aufenthalt im Massengrab».
Opposition erbost
Nach Informationen der Zeitung war Aiwanger damals in der elften Klasse des Gymnasiums, zwei Jahre später legte er dort sein Abitur ab. Augenzeugen, die anonym bleiben wollten, berichteten der Zeitung, der heutige Stellvertreter von Söder sei damals als Urheber des Pamphlets zur Verantwortung gezogen worden. Demnach traf sich deswegen der Disziplinarausschuss der Schule. Aiwanger habe seine Urheberschaft nicht bestritten und sei «bestraft worden».
Aiwanger liess der «SZ» über einen Sprecher mitteilen, er habe «so etwas nicht produziert». Er werde «gegen diese Schmutzkampagne im Falle einer Veröffentlichung juristische Schritte inklusive Schadenersatzforderungen» ergreifen.
Söder sagte der «SZ» am Samstag aus Reaktion auf den Bericht, es stünden «schlimme Vorwürfe im Raum». Das Flugblatt sei «menschenverachtend, geradezu eklig». Er forderte Aiwanger auf, die Vorwürfe aufzuklären und vollständig auszuräumen.
Die bayerische Opposition reagierte erbost. Die SPD-Fraktion kündigte an, eine Sondersitzung des Bayerischen Landtags zu beantragen und forderte die Entlassung Aiwangers. Ähnlich äusserten sich die Jusos Bayern und die Jugendorganisation der Grünen im Freistaat.
Auch der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte, sollten die Vorwürfe zutreffen, sei Aiwanger als stellvertretender Ministerpräsident von Bayern «untragbar». «Derartige menschenverachtende Äusserungen über Opfer des Holocaust dürfen von niemandem - auch nicht Jugendlichen - geäussert werden», sagte er der «Bild am Sonntag». Dies müsse Konsens aller demokratischen Parteien sein.
(AFP)