Mit absoluter Mehrheit wurde die 71-jährige frühere Richterin Manuela Carmena zur neuen Stadtpräsidentin von Madrid gewählt. In Barcelona wurde die 41-jährige Aktivistin Ada Colau die erste Frau an der Spitze des Rathauses.
«Vielen Dank. Jetzt sind wir alle Stadtpräsidenten», schrieb Carmena im Online-Dienst Twitter unmittelbar nach ihrer Amtseinführung. Sie verdrängte den seit 24 Jahren regierenden konservativen Partido Popular (PP), die Volkspartei von Ministerpräsident Mariano Rajoy, aus dem Rathaus der spanischen Hauptstadt.
Carmenas von der linken Partei Podemos (Wir können) unterstütztes Bündnis Ahora Madrid hatte bei den Kommunal- und Regionalwahlen Ende Mai 20 Sitze geholt. Auch die neun Abgeordneten der Sozialisten stimmten nun für die 71-Jährige und verschafften ihr so die Mehrheit im Stadtrat.
Die frühere Richterin war in jungen Jahren im kommunistischen Widerstand gegen Spaniens damaligen Diktator Francisco Franco aktiv. Wie andere Mitglieder von Ahora Madrid engagierte sie sich in der 2011 entstandenen Indignados-Bewegung gegen die Spar- und Reformpolitik der Regierung.
Auch in der katalanischen Hauptstadt Barcelona feierte die linke Protestbewegung bei der Kommunalwahl grosse Erfolge. Ada Colau, die sich im Wahlkampf besonders gegen Zwangsräumungen engagiert hatte, übernahm ebenfalls am Samstag für das Bündnis Barcelona En Comú das Amt der Stadtpräsidentin.
Colaus Plattform hatte bei der Wahl mit elf Mandaten einen Sitz mehr als die bisher regierende nationalkonservative CiU errungen. Am Samstag konnte sie sich mit 21 zu 10 Stimmen gegen den bisherigen Amtsinhaber Xavier Trias durchsetzen. Wie in Madrid hatten die Konservativen auch in Spaniens zweitgrösster Stadt Barcelona vergeblich versucht, ein Bündnis gegen die Aktivistin zu schmieden.
Carmena wie Colau hatten im Wahlkampf angekündigt, besonders gegen wirtschaftliche Ungleichheit vorgehen zu wollen. Sie planen unter anderem, die Zwangsräumungen von Wohnungen zu beenden sowie die Strompreise zu senken. Beide wollen ihre Bürgermeisterlöhne auf 2200 Euro monatlich senken - ihre Vorgänger kamen auf ein Jahresgehalt von 140'000 Euro.
«Revolution in den Rathäusern», titelte die Madrider Zeitung «El Mundo» am Sonntag. Der Partido Popular von Ministerpräsident Rajoy hatte bei den Kommunalwahlen am 24. Mai drastische Stimmeinbussen erlitten. Knapp drei Wochen nach der Wahl traten im ganzen Land mehr als 8100 Stadt- und Gemeinderäte zu ihren konstituierenden Sitzungen zusammen und wählten ihre Stadtpräsidenten.
Der konservative PP, der bisher in 35 der 52 Provinzhauptstädten regiert hatte, musste in fast der Hälfte der Metropolen die Macht abgeben. Dazu gehören - neben Madrid - Städte wie Valencia, Sevilla, Zaragoza, Cádiz und Palma de Mallorca. Von den zehn grössten Städten Spaniens stellt der PP nur noch in zweien die Stadtpräsidenten. Dies sind Málaga im Süden (Andalusien) und Murcia im Südosten des Landes.
PP-Parteipräsident Rajoy äusserte sich im Online-Dienst Twitter verärgert über die neuen Allianzen. Der spanische Regierungschef kritisierte die «exzentrischen und sektiererischen Abkommen» zwischen den Protestbewegungen und linken Parteien.
Podemos-Chef Pablo Iglesias gratulierte Carmena zu ihrer Wahl. «Unser Ziel ist es, die Parlamentswahl zu gewinnen», sagte er mit Blick auf die Abstimmung im Herbst. Die Kommunalwahlen galten als Stimmungstest für den landesweiten Urnengang.
Experten zufolge könnte sich Spaniens Parteiensystem, das seit Ende der 1970er Jahre von PP und Sozialisten dominiert wurde, nun grundlegend verändern.