Der erste landesweite Protesttag gegen seine Arbeitsmarktreform war ein wichtiges Stimmungsbild für Macron, der trotz sinkender Umfragewerte an seinem Reformkurs festhält.
Die weit links stehende CGT hatte für Dienstag fast 200 Protestkundgebungen im ganzen Land angekündigt. Demonstriert wurde in den Grossstädten Paris, Marseille und Lyon sowie in den südfranzösischen Städten Toulouse, Bordeaux und Nizza, im bretonischen Rennes und in der Hafenstadt Le Havre. Streiks unter anderem bei der Staatsbahn SNCF hatten nur begrenzte Auswirkungen.
CGT-Chef Philippe Martinez sprach von einer «sehr starken Mobilisierung» und einem «gelungenen» ersten Protesttag. An den Demonstrationen nahmen auch eine Reihe von Politikern teil, unter ihnen die bei der Präsidentschaftswahl gescheiterten linken Politiker Jean-Luc Mélenchon und Benoît Hamon.
Die Demonstranten skandierten unter anderem «Macron, du bist erledigt, die Faulenzer sind in den Strassen» und hielten Schilder mit Aufschriften wie «Faulenzer aller Länder, vereinigt euch» oder «Faulenzerin im Ruhestand» hoch. Sie spielten damit auf eine Äusserung des sozialliberalen Staatschefs an, der Gegner seiner Reformpolitik kürzlich als «Faulenzer» bezeichnet hatte.
Bei den Protesten gab es vereinzelte Zusammenstösse zwischen Demonstranten und Polizisten. In Paris bewarfen Demonstranten die Sicherheitskräfte mit Wurfgeschossen, die Polizei setzte Tränengas und einen Wasserwerfer ein. Das Innenministeriums sprach abends von 13 vorläufigen Festnahmen.
Im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit in Frankreich will Macron Unternehmen mehr Spielraum und Sicherheit geben. Unter anderem sollen Kündigungen erleichtert und Abfindungen beschränkt, Arbeitnehmervertretungen zusammengelegt und Betriebsvereinbarungen gestärkt werden. Während Arbeitgeberverbände die Reform begrüssen, kritisieren die Gewerkschaften das Vorhaben als «sozialen Rückschritt».
«Das ist ein Gesetz, das den Arbeitgebern Vollmachten gibt», sagte CGT-Chef Martinez. Zwar kritisieren alle Gewerkschaften das Reformvorhaben; in der Frage des Umgangs mit den Regierungsplänen sind sie allerdings gespalten.
So riefen die Spitzen der einflussreichen Gewerkschaften Force Ouvrière (FO) und CFDT ihre Mitglieder nicht zur Teilnahme an den Protesten auf. CFDT-Chef Laurent Berger sagte dem Sender France Info, er halte Demonstrationen derzeit nicht für den richtigen Weg, es drohe eine «Demonstration der Schwäche». Vielmehr wolle seine Gewerkschaft auf die Dekrete zur Umsetzung der Reform Einfluss nehmen.
Bereits im Sommer 2016 hatte es in Frankreich Streiks und Demonstrationen gegen eine Arbeitsmarktreform gegeben, die unter Macrons sozialistischem Vorgänger François Hollande beschlossen wurde. Dabei gingen zeitweise hunderttausende Menschen auf die Strasse. Am Rande der Demonstrationen lieferten sich Randalierer damals immer wieder gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Für Präsident Macron war der Protesttag ein wichtiger Test, wie gross der Widerstand gegen seine Reformpolitik ist. Denn nach dem Arbeitsrecht will der als sozialliberal etikettierte Staatschef die Arbeitslosenversicherung, die Berufsbildung und das Rentensystem reformieren.
In Umfragen befindet sich der 39-Jährige, der bei der Präsidentschaftswahl im Mai die Rechtspopulistin Marine Le Pen klar besiegt hatte, seit Wochen im Fall. Er hat aber bekräftigt, an seinem Reformkurs festhalten zu wollen.
Die Gegner von Macrons Arbeitsmarktreform haben bereits für den 21. und 23. September zu neuen Demonstrationen aufgerufen. Am Tag dazwischen, dem 22. September, sollen die Verordnungen für die Arbeitsmarktreform im Kabinett beschlossen werden. Sie können bald darauf in Kraft treten.