Frankreich
Mutmasslicher Attentäter von Lyon gesteht Enthauptung seines Chefs

Lyon – Nach dem Anschlag auf ein Gaslager bei Lyon hat der mutmassliche Attentäter die Ermordung und Enthauptung seines Arbeitgebers gestanden. Der 35-Jährige habe sein Schweigen gebrochen und den Mord gestanden, teilten die Ermittler am Sonntag mit.
Publiziert: 28.06.2015 um 23:08 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 09:29 Uhr

Zuvor hatten sie ein Selfie des mutmasslichen Dschihadisten mit dem abgetrennten Kopf seines Opfers entdeckt. Die Ermittler hätten das Foto auf dem Handy des Attentäters gefunden und einen Empfänger in Syrien ausgemacht, berichtete die Nachrichtenagentur AFP am Sonntag

Der mutmassliche Attentäter habe zugegeben, seinen 53-jährigen Vorgesetzten vor dem Anschlag getötet und enthauptet zu haben, hiess es aus Ermittlerkreisen. Dabei habe er sich auch zu «einigen Elementen zu den Tatumständen» geäussert.

Polizisten hatten nach dem Anschlag am Freitag den abgetrennten Kopf des Transportunternehmers am Zaun der Industrieanlage befestigt entdeckt, daneben zwei dschihadistische Flaggen.

Der 35-Jährige soll am Freitagmorgen auf das Gelände der auf Gasprodukte spezialisierten Firma Air Products in Saint-Quentin-Fallavier nahe Lyon vorgedrungen sein und in einem Hangar voller Gasflaschen eine Explosion verursacht haben. Feuerwehrleute konnten den Mann in einem zweiten Hangar überwältigen, als er weitere Explosionen auslösen wollte.

Anschliessend entdeckten Polizisten den abgetrennten Kopf sowie die Leiche des Vorgesetzten. Nach einer ersten Autopsie war unklar, ob der 53-Jährige bei lebendigem Leib enthauptet wurde oder schon vorher tot war.

Nach Angaben aus Ermittlungskreisen hatte der mutmassliche Täter zwei Tage vor dem Anschlag einen Streit mit seinem Arbeitgeber. Er habe eine Palette mit wertvollem Material fallen lassen, sein Chef habe daraufhin eine Bemerkung gemacht, dann habe ein Wort das andere ergeben, sagte demnach ein Angestellter des Transportunternehmens aus.

Der mutmassliche Attentäter schwieg zunächst zu der Tat, am Samstagabend dann stellte er sich doch den Fragen der Ermittler. Am Sonntag sollte er an den Sitz der Anti-Terrorpolizei nach Paris überstellt werden.

Die Ermittler wollen nun vor allem herausfinden, ob der Attentäter Komplizen hatte. Darauf könnte ein makabres Foto von ihm mit dem abgetrennten Kopf seines Opfers hindeuten, das der 35-Jährige über den Chat-Dienst WhatsApp an eine kanadische Nummer verschickt hatte. Der Teilnehmer hinter dieser Telefonnummer konnte zunächst nicht ermittelt werden.

Die Zeitung «Le Figaro» schrieb, der Mann sei ab 2000 durch den Kontakt zu einem Salafisten in seinem früheren Wohnort Pontarlier radikalisiert worden sein. Dieser Mann werde verdächtigt, vor fünf Jahren mit Aktivisten des Terrornetzwerks Al-Kaida Anschläge in Indonesien geplant zu haben.

Dieser Kontakt sei den französischen Sicherheitsdiensten aufgefallen, weshalb der 35-Jährige zwischen 2006 und 2008 unter Beobachtung gestellt worden sei. Anschliessend wurde die Beobachtung jedoch nicht fortgesetzt.

Ausser dem mutmasslichen Attentäter wurden auch seine Ehefrau, seine Schwester und ein weiterer Mann festgenommen. Gegen letzteren wird wegen «Terrorvorwürfen» ermittelt, seine Verbindung zum Anschlag ist aber noch unklar. Bislang gibt es laut Anti-Terror-Staatsanwalt François Molins keine Hinweise, dass der Attentäter einen Komplizen hatte.

Frankreichs Präsident François Hollande beriet am Samstag mit seinen zuständigen Ministern über die weiteren Konsequenzen des Anschlags. Zu diesem bekannte sich zunächst keine Dschihadistengruppe - anders als bei den am selben Tag verübten Attentaten in Tunesien und Kuwait, zu denen sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannte.

Premierminister Manuel Valls warnte vor einer «grossen terroristischen Bedrohung», deren Bekämpfung lange dauern werde. Die Frage sei nicht, ob es einen weiteren Anschlag geben werde, sondern «wann und wo».

Seine Regierung sei dem Kampf gewachsen. Im Fernsehen sprach Valls erstmals von einem «Krieg der Zivilisation». Dabei handle es sich aber nicht um einen Krieg des Westens gegen den Islam, sondern um einen Kampf um die «universellen Werte des Humanismus».

Frankreich war bereits mehrfach Zielscheibe islamistischer Anschläge, zuletzt im Januar, als drei Dschihadisten bei Anschlägen auf die Satirezeitung «Charlie Hebdo», auf eine Polizistin und auf einen jüdischen Supermarkt im Grossraum Paris insgesamt 17 Menschen töteten.

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