Der frühere Wirtschaftsminister Montebourg gewann die erste TV-Debatte laut einer Blitzumfrage. Wie das Meinungsforschungsinstitut Elabe in der Nacht auf Freitag mitteilte, fanden 29 Prozent der Befragten Montebourgs Auftritt am überzeugendsten.
Für den vor kurzem als Ministerpräsident zurückgetretenen Manuel Valls votierten 26 Prozent und für den ehemaligen Bildungsminister Benoît Hamont 20 Prozent. Um die Präsidentschaftskandidatur der französischen Sozialisten ziehen sieben Bewerber ins Rennen. Sie traten anderthalb Wochen vor der ersten Wahlrunde im Fernsehen gegeneinander an. Die Vorwahl soll der Regierungspartei neuen Aufschwung geben.
«Alle Prognosen sagen voraus, dass die Linke vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen ausscheiden wird», warnte Valls zu Beginn der TV-Debatte. Frankreich hätte dann nur die Wahl zwischen der «extremen Rechten» von Front-National-Chefin Marine Le Pen und der «harten Rechten» des konservativen Präsidentschaftskandidaten François Fillon. Er werde dies nicht hinnehmen.
In der ersten von insgesamt vier Fernsehdebatten ging es zunächst um die Ankurbelung der Wirtschaft, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Frage von Steuern und die Sozialsysteme. Breiten Raum nahmen Vorschläge von zwei der Kandidaten für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein.
Montebourg blies seinerseits zum Sturm auf den Euro-Stabilitätspakt. «Das Ziel von drei Prozent (Budgetdefizit) ist für mich kein politisches Ziel», sagte der frühere französische Wirtschaftsminister.
Der 54-Jährige nannte die zentrale Vorschrift des Stabilitätspakts, wonach Staaten mit ihrer Neuverschuldung die Grenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung einhalten müssen, eine «absurde Regel». Man müsse sich auf konfrontative Debatten mit der EU einstellen. Er wolle die Arbeitslosigkeit bekämpfen. Frankreich ist seit Jahren ein Defizitsünder und soll im laufenden Jahr wieder die Grenze von drei Prozent einhalten.
Der frühere Premier Manuel Valls geriet in der sachlich geführten Debatte in die Defensive. Der 54-Jährige musste seine frühere Regierungsarbeit unter Präsident François Hollande verteidigen, der nicht wieder antritt. Dazu gehörten Entlastungen für Unternehmen, um den Arbeitsmarkt anzukurbeln. «Es war nötig, den Unternehmen Spielräume wiederzugeben», sagte er. Frankreich hat eine hohe Arbeitslosenquote von etwa zehn Prozent.
Valls verteidigte im Kampf gegen den Terrorismus den Ausnahmezustand, der unlängst bis Juli verlängert wurde. «Wir sind im Krieg», sagte der zum rechten Flügel der Partei gehörende Valls. Der frühere Erziehungsminister Hamon kritisierte hingegen, dass der Ausnahmezustand fortgeführt werde.
Die Sozialisten bestimmen in einer offenen Vorwahl am 22. und 29. Januar ihren Präsidentschaftskandidaten. Neben dem im Dezember zurückgetretenen Ex-Premier Valls und dem früheren Wirtschaftsminister Montebourg treten von der sozialistischen Partei die Ex-Bildungsminister Hamon und Vincent Peillon an.
Ausserdem bewerben sich der Grünen-Politiker François Rugy, der Mittelinks-Politiker Jean-Luc Bennahmias und als einzige Frau die Chefin der linksliberalen Partei PRG, Sylvia Pinel, um die Präsidentschaftskandidatur. Sie gelten aber als chancenlos.
Der Wahlkampf bei den Sozialisten ist auch ein Streit über die künftige Ausrichtung der Partei. Valls steht als Vertreter des rechten Parteiflügels für einen unternehmerfreundlichen Reformkurs. Montebourg und Hamon sind prominente Vertreter des linken Sozialistenflügels.
Als grosser Favorit bei der Präsidentschaftswahl im April und Mai gilt der Konservative Fillon. Der klare Sieger der Republikaner-Vorwahl vom November dürfte Umfragen zufolge zusammen mit Le Pen in die Stichwahl einziehen.
Die Sozialisten leiden nicht nur unter der Unzufriedenheit mit dem 2012 gewählten Hollande. Erschwerend kommt für die Regierungspartei hinzu, dass ihr bei der Präsidentschaftswahl auch zwei Kandidaten aus dem linken Lager Konkurrenz machen werden: Der frühere Wirtschaftsminister Emmanuel Macron und Linksparteigründer Jean-Luc Mélenchon. Beide liegen in Umfragen derzeit vor den Sozialisten.