Frankreich
Jean-Marie Le Pens Memoiren als letzter Kampf eines Unbelehrbaren

Paris – Er ist ein rechtsextremer Scharfmacher und gerichtlich verurteilter Hetzer und zieht mit dem Schlachtruf «Die Franzosen zuerst» seit Jahrzehnten gegen Einwanderer zu Felde. Nun erscheint der erste Band der Memoiren von Front-National-Gründer Jean-Marie Le Pen.
Publiziert: 28.02.2018 um 07:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 21:17 Uhr
Bald 90-jährig veröffentlicht Jean-Marie Le Pen den ersten Band seiner Memoiren, «Fils de la nation». (Archiv)
Foto: KEYSTONE/AP/THIBAULT CAMUS

Le Pens Buch «Fils de la nation» (Sohn der Nation) kam am Mittwoch auf den Markt. Die ersten 50'000 Exemplare waren gemäss Verlag bereits vorab ausverkauft.

Der Zeitpunkt der Publikation war gezielt gesetzt und ist auch eine Kampfansage an seine Tochter Marine Le Pen: Sie will ihrem bald 90-jährigen Vater bei einem Parteitag Anfang März den Ehrenvorsitz des Front National nehmen, drei Jahren nachdem sie ihn bereits als Parteimitglied ausgeschlossen hatte.

In seinen Memoiren zeigt Le Pen keinerlei Reue über seine Ausfälle - allen voran seinen Satz, die Gaskammern der Nazis seien «ein Detail der Geschichte des Zweiten Weltkriegs». Deswegen wurde er mehrfach wegen Leugnung von Kriegsverbrechen und Anstachelung zum Hass verurteilt.

Fehde mit Tochter Marine le Pen

«Politischen Selbstmord» beging Jean-Marie Le Pen nach den Worten seiner Tochter auch mit seinen endlosen Lobeshymnen auf den Nazi-Kollaborateur und Anführer des Vichy-Regimes, Marschall Philippe Pétain. Ihn nennt Vater Le Pen in seinen Memoiren einen «Helden».

Seiner jüngsten Tochter und FN-Chefin Marine wirft er seit seinem Parteiausschluss «Verrat» vor. Besonders verübelt er der 49-Jährigen, dass sie beim Parteitag am 10. und 11. März in Lille den Posten des Ehrenvorsitzenden abschaffen will und einen neuen Namen für den Front National sucht. Damit mache sie sich des «Mordes am Front National» schuldig, betonte er.

Die Partei hatte der ehemalige Fremdenlegionär 1972 zusammen mit Neofaschisten, früheren Waffen-SS-Mitgliedern und Gegnern der Unabhängigkeit Algeriens gegründet, bis 2011 stand er dem FN fast vier Jahrzehnte vor.

Wurzel der Fehde mit seiner Tochter ist Marine Le Pens Kurs der «Entteufelung», mit der sie den Front National für gemässigtere Wählerschichten geöffnet hat. Bei der Präsidentschaftswahl unterlag sie zwar Emmanuel Macron, aber erstmals stimmten mehr als zehn Millionen Französinnen und Franzosen für die rechtsextreme Politikerin.

Das sind fast doppelt so viele wie Jean-Marie Le Pen bei seinem grössten politischen Triumph mobilisieren konnte: den Einzug in die zweite Runde der Präsidentschaftswahl 2002 gegen den Konservativen Jacques Chirac. Damit hatte er seine extrem rechten Thesen massentauglich gemacht. Bis heute gehören seine Forderungen nach einer Schliessung der Grenzen und der Vorrang für Franzosen bei der Arbeitssuche zum FN-Programm.

In einem aktuellen Interview zeigt der oberste Brandstifter der Nation bei der Judenverfolgung wenig Einsicht: «Vielleicht» werde er den Holocaust im zweiten Band seiner Memoiren anerkennen, sagte er dem Sender CNews. «Schliesslich war er ein wichtiges historisches Phänomen.» (SDA)

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