Rund 3000 Flüchtlinge hausen in der französischen Hafenstadt Calais im Dreck. Sie haben nur ein Ziel: Die passende Gelegenheit abwarten und über den Ärmelkanal nach England reisen. Dort erhalten sie mehr Hilfe und finden leichter Schwarzarbeit. Meistens klettern die Migranten auf Lastwagen oder Fähren und gelangen als blinde Passagiere über die Grenze.
Sieben Kilometer von Calais entfernt ist der sogenannte «New Jungle» seit Jahren Treffpunkt von Flüchtlingen aus aller Welt. Sie leben in Zelten, in Industriehallen oder im Freien. Es gibt kaum Toiletten. Viele Menschen erkranken. Immer wieder kommt es zu Streitereien, bei denen sich die Flüchtlinge verletzen. Seit Januar ist die Zahl der Migranten nahe der 72'000-Einwohner-Stadt rasant gestiegen.
Nun will Frankreich für die Migranten bei Calais eine Stadt bauen: Baracken mit Wasserleitungen, Strom, beleuchteten Strassen und WC-Anlagen. Dafür will der französische Staat ein halbe Million Franken ausgeben. In Paris heisst es: «Es ist inakzeptabel, wie die Leute hier leben. Wir müssen die Bedingungen verbessern.» Zuallererst müsse der Güsel weggeräumt werden, der überall herumliege.
Und die Franzosen ärgern sich über die Briten. Natacha Bouchart, Stadtpräsidentin von Calais: «Wir sind gezwungen, uns um die Flüchtlinge zu kümmern, weil Grossbritannien die EU-Abkommen nicht umsetzt.»
Wären solche Flüchtlingsstädte auch in der Schweiz denkbar? Nein, heisst es beim Staatssekretariat für Migration. In der Schweiz setzt man auf dezentrale Anlagen. Sprecher Martin Reichlin: «Im Fokus steht die Eröffnung von Notunterkünften rund um die Empfangs- und Verfahrenszentren des Bundes sowie die Erweiterung der Kapazitäten von bestehenden temporären Unterkünften.»