Zu den «Anti-Hass»-Kundgebungen in rund 60 französischen Städten hatten die Polizeigewerkschaften aufgerufen. Sie beklagen, dass ihnen immer wieder Hass und Gewalt entgegenschlagen, und fordern von der Regierung ein härteres Vorgehen gegen gewaltbereite Demonstranten.
Seit dem Beginn der landesweiten Proteste gegen die geplante Arbeitsrechtsreform Ende März wurden mehr als 350 Polizisten im Einsatz verletzt. Auf der Place de la République protestieren seit Wochen jeden Abend Anhänger der Bewegung «Nuit debout» gegen die Reform.
Die Bewegung «Urgence, notre police tue» (Notfall, unsere Polizei tötet) rief in Paris zu einer Gegendemonstration auf. Die Polizeipräfektur verbot die Versammlung am Mittwochmorgen aus Sorge vor Krawallen, doch ungeachtet dessen fanden sich rund 300 Gegendemonstranten am Place de la République ein.
Die Polizei drängte sie mit Tränengas zurück. Die Demonstranten riefen Parolen wie «Bullen, Schweine, Mörder» und «Die ganze Welt hasst die Polizei».
Nach Angaben der Polizei schlugen in einer nahe gelegenen Strasse etwa 15 Demonstranten mit Eisenstangen auf einen Polizeiwagen ein, in dem zwei Beamte sassen. Dann hätten sie die Polizisten aus dem Auto gezerrt und einen Molotowcocktail auf den Wagen geworfen. Das Auto ging in Flammen auf, Feuerwehrleute löschten den Brand. Die beiden Insassen erlitten nach Polizeiangaben Quetschungen.
Die Polizei verurteilte den Übergriff auf die Beamten, die sich «nur unter extremen Bedingungen angesichts einer sehr brutalen Stimmung retten konnten». Eine Augenzeugin namens Amina verglich den Moment, als die Demonstranten das Polizeiauto sahen, mit einem «Stier, der ein rotes Tuch sieht». «Sie waren wütend.»
Demonstranten haben ihrerseits wiederholt eine übermässige Härte von Einsatzkräften beklagt. So erblindete in Rennes ein junger Mann auf einem Auge, als er bei Zusammenstössen verletzt wurde. Die Polizei leitete rund 30 interne Ermittlungen zu Polizeigewalt ein. Nach offiziellen Angaben wurden seit dem Beginn der Proteste 1300 Demonstranten festgenommen.
Präsident François Hollande sicherte den Polizisten seine «klare Unterstützung» zu. Die Polizei arbeite in einem «schwierigen Kontext». Zugleich betonte Hollande, dass es ein «Gleichgewicht zwischen dem Erhalt der öffentlichen Ordnung und der Einhaltung der Gesetze geben muss.»
Ähnlich äusserte sich Innenminister Bernard Cazeneuve. Er wies zudem Vorwürfe der konservativen Opposition zurück, die Regierung gehe nicht hart genug gegen gewaltbereite Demonstranten vor.
Premierminister Manuel Valls schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter: «Polizisten und Gendarmen schützen jeden Tag unsere Bürger und Institutionen. »Sie anzugreifen ist, als ob wir alle angegriffen würden.« Der konservative Ex-Premierminister François Fillon nannte die Gewalttäter »kleine vermummte Barbaren«, die Sicherheitskräfte attackierten, »während sich Terroristen herumtreiben«.
Im Gegensatz zu dem Bild, das bei Demonstrationen entsteht, haben die meisten Franzosen eine positive Meinung über ihre Sicherheitskräfte, nicht zuletzt seit den Pariser Anschlägen im vergangenen Jahr. Laut einer Umfrage für die Zeitung »Le Parisien" stehen 82 Prozent der Bevölkerung hinter der Polizei.