Der Büroleiterin Catherine Griset werde Vertrauensmissbrauch im Zusammenhang mit unrechtmässig bezogenen Geldern des EU-Parlaments zur Last gelegt, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Mittwochabend aus Justizkreisen. Gegen den ebenfalls befragten Leibwächter Le Pens sei hingegen kein Verfahren eingeleitet worden.
Die Chefin der rechtspopulistischen Partei und andere EU-Abgeordnete ihrer Partei sollen Mitarbeiter als parlamentarische Assistenten beschäftigt und entlohnt haben, obwohl diese in Wirklichkeit Parteiaufgaben übernahmen.
Le Pen selbst sprach am Mittwoch von einer «politischen Intrige». Die Franzosen würden sich aber nicht täuschen lassen. Die Politikerin, die bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 23. April die meisten Stimmen erzielen könnte, sieht die Ermittlungen als Versuch, ihren Wahlkampf zu torpedieren.
Die Pariser Staatsanwaltschaft hatte bereits im März 2015 Vorermittlungen zu dem Fall eingeleitet. Im vergangenen Dezember übernahmen Untersuchungsrichter die Ermittlungen. Am Montag wurde die Parteizentrale des Front National (FN) in Nanterre zum zweiten Mal durchsucht.
Parallel dazu fordert das EU-Parlament bislang die Rückzahlung von knapp 300'000 Euro, die an Le Pens Mitarbeiterin geflossen sind. Geprüft wird auch eine Rückzahlungsforderung über mehr als 40'000 Euro, die Le Pens Leibwächter aus Parlamentsmitteln erhielt. Weil Le Pen sich weigert, das Geld zurückzuerstatten, halbiert das Europaparlament ab März die Abgeordnetendiäten und Pauschalen der Politikerin.
Umfragen sehen Le Pen mit mehr als 25 Prozent der Stimmen als Siegerin der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in zwei Monaten. Bei der Stichwahl zwei Wochen später gilt sie aber als so gut wie chancenlos: Sie würde im entscheidenden zweiten Wahlgang laut Umfragen sowohl dem konservativen Kandidaten François Fillon als auch dem unabhängigen Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron unterliegen.
Fillon steht ebenfalls wegen Vorwürfen der Scheinbeschäftigung unter Druck: Er hatte nach Enthüllungen der investigativen Satirezeitung «Le Canard Enchaîné» zugeben müssen, seine Ehefrau Penelope jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin bezahlt zu haben.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Scheinbeschäftigung. Fillon betont dagegen, die Anstellung sei legal gewesen.
Nach Bekanntwerden der Affäre stürzte Fillon in Umfragen ab und kam zwischenzeitlich nur noch auf den dritten Platz hinter Le Pen und Emmanuel Macron. Inzwischen hat er aber wieder aufgeholt. Eine am Dienstag veröffentlichte Erhebung des Instituts Elabe sieht ihn wieder auf dem zweiten Platz. Damit würde er sich für die Stichwahl am 7. Mai qualifizieren.