Amnesty International hat die Europäische Union zu einem radikalen Umsteuern in ihrer Flüchtlingspolitik aufgerufen. Die Menschenrechtsorganisation stellte einen Fünf-Punkte-Plan zur Bewältigung der Flüchtlingskrise vor.
Nach dem Plan sollen die Mitgliedstaaten an den Rändern der EU stärker bei der Versorgung von Flüchtlingen unterstützt werden. Diese Länder wiederum sollten auf den unnötigen oder übertriebenen Einsatz von Gewalt verzichten, führte Amnesty-Direktor für Europa und Zentralasien, John Dalhuisen, in London aus.
Ausserdem müssten sichere Fluchtrouten in die EU geschaffen werden. Die Menschenrechtsorganisation rief zudem dazu auf, die Beschränkungen der Bewegungsfreiheit anerkannter Asylbewerber innerhalb der EU aufzuheben. Nach Amnesty-Schätzungen müssen in den kommenden zwei Jahren zumindest die rund 1,38 Millionen am stärksten bedrohten Flüchtlinge aufgenommen werden.
«Antwort auf Flüchtlingskrise war inkohärent»
Die EU-Länder sollten in diesem Zeitraum daher mindestens 300'000 Flüchtlinge aufnehmen. «Es gibt eine weltweite Flüchtlingskrise, nicht nur eine europäische Flüchtlingskrise», erklärte Amnesty. Die Regierungen der EU-Länder könnten das «nicht ignorieren oder den tragischen Konsequenzen ihren Rücken zukehren».
«Die Antwort auf die Flüchtlingskrise in Europa war Stückwerk und inkohärent in einer Zeit, in der die Notwendigkeit weitsichtiger und radikaler Reformen von Europas zusammenbrechendem Asylsystem nie grösser war», sagte Dalhuisen. Das Leiden von Flüchtlingen, die vor Gewalt und Menschenrechtsverletzungen flöhen, habe ein seit Ende des Zweiten Weltkriegs nie da gewesenes Ausmass erreicht.
Juncker stellt heute Verteilschlüssel vor
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stellt heute in Strassburg seine Pläne zum Vorgehen in der Flüchtlingskrise vor. Juncker nutzt dazu nach seinem Amtsantritt im November seine erste Rede zur Lage der Europäischen Union vor dem Europaparlament in Strassburg.
Schon im Vorfeld hoch umstritten ist die geplante Verteilung von 120'000 Flüchtlingen aus Ungarn, Griechenland und Italien über verbindliche Quoten auf die anderen EU-Staaten. (SDA)