Abgeschirmt von Sicherheitskräften trafen sich Verwandte und Bekannte in der grossen Halle eins des Veranstaltungszentrums Chanot in der südfranzösischen Hafenstadt. Die Lufthansa - Mutterkonzern von Germanwings - erwartete mehr als 600 Angehörige zu den Feierlichkeiten in Frankreich.
Während eines überkonfessionellen Gottesdienstes sollte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, die Predigt halten. Kurschus hatte bereits im April 2015 zusammen mit dem katholischen Kardinal Rainer Maria Woelki die Trauerfeier im Kölner Dom geleitet. Anschliessend sollten sich die Angehörigen am Mittwoch zum gemeinsamen Abendessen treffen.
An diesem Donnerstag, genau ein Jahr nach dem Absturz am 24. März 2015, soll im französischen Le Vernet sowie in der Ruhrgebietsstadt Haltern an die Katastrophe erinnert werden.
Der kleine Alpen-Ort Le Vernet liegt nur wenige Kilometer entfernt von der schwer zugänglichen Absturzstelle in etwa 1500 Metern Höhe. Aus Haltern stammte eine Schülergruppe mit ihren Lehrerinnen - alle 18 starben bei dem Unglück.
Der psychisch kranke Copilot Andreas Lubitz hatte den Airbus A320 absichtlich in den Felsen gesteuert. Alle 150 Menschen an Bord kamen um Leben, 72 davon waren Deutsche.
51 Opfer stammten aus Spanien. Auch dort wurde bereits am Mittwoch an die Opfer erinnert. «Ich denke an den Tag mit grossem Schmerz zurück», sagte der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy während einer Gedenkfeier im Flughafen von Barcelona. «Die beste Art, die Opfer zu ehren, besteht darin, alles daran zu setzen, dass eine solche Katastrophe sich nicht wiederholt.»
Angehörige von spanischen Opfern verlangten mehr Kontrollen und Sicherheitsvorkehrungen. «Wie wir gesehen haben, versagten die geltenden Bestimmungen», sagte Silvia Chaves, Vorsitzende eines Zusammenschlusses von Hinterbliebenen.
Noch vor dem Jahrestag sollte eine Klage gegen die Lufthansa-Flugschule in den USA eingereicht werden. Eine US-Anwaltskanzlei sei mit der millionenschweren Zivilklage beauftragt, teilte Rechtsanwalt Christof Wellens mit. Er vertritt 34 Opferfamilien.
An der Flugschule der Lufthansa in Arizona wurde Copilot Lubitz ausgebildet. Er habe seine Ausbildung 2009 wegen psychischer Probleme unterbrochen. «Aus unserer Sicht hätte er danach keine Fluglizenz bekommen dürfen», sagt der Anwalt.
Bisherige Entschädigungsangebote der Lufthansa wurden als zu niedrig abgelehnt. Für jedes Opfer wurde nach Angaben von Germanwings eine Soforthilfe von 50'000 Euro gezahlt. Hinzu sollen 25'000 Euro Schmerzensgeld kommen. Nächste Angehörige sollten ohne weitere Prüfung 10'000 Euro bekommen.