Bei dem von ihm für Sonntag einberufenen Treffen der Staats- und Regierungschefs der am meisten betroffenen europäischen Länder wolle er auf kurzfristige Entscheidungen drängen. Ziel sei es, die zum Teil verzweifelte Lage der Flüchtenden zu mildern, kündigte Juncker an.
Kernpunkt seines Plans ist nach Medienberichten, dass künftig kein Land mehr Flüchtlinge ohne Abstimmung in einen Nachbarstaat weiterleiten soll. Dies hatte zuletzt Slowenien Kroatien vorgeworfen. «Eine Politik des Durchwinkens» sei «nicht akzeptabel», heisst es in dem am Samstag in Medien kursierenden Entwurf der Gipfelerklärung.
Um die Zusammenarbeit zu verbessern, sollen die Staats- und Regierungschefs laut dem Juncker-Plan unter anderem binnen 24 Stunden «Kontaktstellen» für Flüchtlingsfragen in ihrem direkten Umfeld einrichten, die sich dann täglich austauschen und abstimmen sollen. Zahlen zu Flüchtlingsbewegungen sollten «sofort» ausgetauscht werden.
Beschlüsse für die gesamte EU können bei dem Treffen am Sonntag in Brüssel nicht gefasst werden, weil dort nicht alle Mitgliedsländer und zudem mit Serbien und Mazedonien auch Nicht-EU-Länder vertreten sind.
Die Erwartung, dass in Brüssel der Weg zu einer raschen Reduzierung der Zahl der nach Europa drängenden Flüchtlinge geebnet werde, wurde in einigen Teilnehmerländern als unrealistisch bewertet. Im Vordergrund werde stehen, die Lage der Menschen auf der Flucht zu verbessern, hiess es.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel will nach einem «Spiegel»-Bericht bei dem Treffen in Brüssel dafür werben, die Flüchtlingsverteilung in der EU und Abschiebungen von Zuwanderern ohne Bleibeperspektive direkt aus den Erstaufnahmezentren heraus zu organisieren. In ihrer wöchentlichen Video-Botschaft unterstrich sie zudem den Willen, den Menschen, die in Deutschland bleiben dürfen oder gute Aussichten darauf haben, bei der Integration zu helfen.
Die Balkanstaaten Bulgarien, Serbien und Rumänien kündigten an, ihre Grenzen für Flüchtlinge zu schliessen, falls sich Deutschland und Österreich stärker gegen Zuwanderer abschotten sollten. Sie würden nicht zulassen, dass sich die drei Länder zu einer Pufferzone für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan entwickelten.
Es müsse nach einer europaweiten Lösung gesucht werden, sagte Bulgariens Regierungschef Boiko Borisow am Samstag in Sofia. Er hatte sich dort im Vorfeld des Gipfels mit den Ministerpräsidenten Rumäniens und Serbiens, Viktor Ponta und Aleksandar Vucic, abgesprochen.
Das EU-Mitglied Ungarn hatte seine Grenzen zu Serbien und Kroatien geschlossen, und Slowenien hat angekündigt, es werde seine Grenze zu Kroatien dicht machen. Besonders des EU-Nichtmitglied Serbien ist für viele Flüchtlinge ein Transitland auf dem Weg von Griechenland über Mazedonien in nördlichere EU-Staaten.
Bulgarien hatte bereits seit 2014 eine 30 Kilometer lange Grenzanlage auf einem Teil seiner Grenze zur Türkei errichtet. Österreichs Aussenminister Sebastian Kurz hatte am Freitag gesagt, Zäune könnten zum wirkungsvollen Schutz der Grenzen beitragen.
Während die Arbeiten am Sondergipfel liefen, hielt der Zustrom von Flüchtlingen unvermindert an. Zu Tausenden strömten die Menschen auch am Samstag über die Balkanroute in Richtung Österreich und Deutschland.