Flüchtlinge
EU setzt auf Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Staaten

Brüssel – Wegen Krieg und Armut fliegen viele Menschen nach Europa. Um deren Zahl zu reduzieren, will die EU-Kommission gezielte Partnerschaften mit Staaten aus Afrika und dem Nahen Osten eingehen. Länder, die nicht genügend kooperieren, sollen «bestraft» werden.
Publiziert: 07.06.2016 um 19:21 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 14:24 Uhr

Man wolle einen «klugen Mix zwischen europäischen öffentlichen und privaten Investoren sowie internationalen Finanzinstitutionen» zustande bringen, sagte EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini am Dienstag im EU-Parlament in Strassburg.

Die EU sei bereit, «in die langfristige wirtschaftliche und soziale Entwicklung, in Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zu investieren, um die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern und die Migrationsursachen zu bekämpfen», sagte sie weiter.

Mit massgeschneiderten «Migrationspartnerschaften» will Brüssel die Zusammenarbeit mit Staaten in Afrika und dem Nahem Osten verbessern. Die Behörde will erreichen, dass Herkunfts- und Transitstaaten Migranten und Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa aufhalten oder jene, deren Asylgesuche abgelehnt wurden, leichter wieder zurücknehmen. Hintergrund ist die mangelnde Bereitschaft mancher Herkunftsländer, ihre Bürger zurückzunehmen.

Kurzfristig will die Brüsseler Behörde solche Migrationspakte mit Jordanien und Libanon schliessen, später mit Niger, Nigeria, Senegal, Mali und Äthiopien. Ausserdem soll das Engagement der EU gegenüber Tunesien und Libyen verstärkt werden. Je nach Bedürfnis des Landes, wird die Unterstützen der EU anders aussehen.

Dazu will die EU-Kommission diesen Staaten mehr Geld zur Verfügung stellen. Konkret schlägt die Brüsseler Behörde einen Investitionsplan vor - ganz nach dem Vorbild des von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker lancierten EU-Investitionsfonds.

Für den neuen Fonds soll die EU 3,1 Milliarden Euro beisteuern, wodurch sich die Brüsseler Behörde mit Hilfe von Finanzinstrumenten Investitionen von 31 Milliarden Euro erhofft. Beteiligen sich die EU-Staaten daran, dann rechnet die EU-Kommission mit Investitionen von bis zu 62 Milliarden Euro. Kurzfristig soll zudem der Afrika-Fonds um eine Milliarde Euro aufgestockt werden.

«Wir schlagen eine Mischung positiver und negativer Anreize vor, um jene zu belohnen, die mit uns effizient zusammenarbeiten und um sicherzustellen, dass es Konsequenzen für jene gibt, die das nicht tun», sagte Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission. Länder, die also nicht genügend kooperierten, müssen mit Kürzungen der Entwicklungshilfe rechnen.

Ausserdem will die EU-Kommission ihr «Blue-Card»-System verbessern, das 2009 eingeführt worden ist. Die «Blue Card» - analog zur amerikanischen «Green Card» - soll Fachkräften aus Drittstaaten ermöglichen, einfacher in der EU arbeiten zu können. Die EU-Staaten sowie das EU-Parlament müssten diesem Vorschlag der EU-Kommission noch zustimmen.

Aktuell hindern laut EU-Innenkommissar Dimitris Avramopolous hohe Hürden für die Anträge und parallele Systeme auf nationaler Ebene die Nachfrage nach einer «Blue Card».

Künftig sollen Inhaber einer «Blue Card» leichter in ein anderes EU-Land arbeiten gehen können und bereits von Anfang an ihre Familie mitbringen dürfen. Ausserdem soll das Recht zum langfristigen Aufenthalt schneller gewährt werden.

In der EU werde «die Zahl der Erwerbstätigen in den nächsten Jahren um 20 Millionen» zurückgehen, warb Avramopolous für seinen Vorschlag. Auf die Frage, ob die EU damit nicht dem Abfluss von Fachkräften aus ärmeren Regionen, dem «Brain-Drain», Vorschub leiste, sagte Avramopoulos, auch die Herkunftsländer profitierten von dem zeitweisen Aufenthalt qualifizierter Arbeitskräfte in Europa.

Im EU-Parlament wurden die Vorschläge aus Brüssel unterschiedlich aufgenommen. Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, Gianni Pittella, begrüsste diese. Eine positive Reaktion kam auch von der Fraktion der Europäischen Volkspartei. Kritik gab es vom Vorsitzenden der Liberalen-Fraktion, Belgiens Ex-Premier Guy Verhofstadt. Er plädierte für die Einrichtung von Aufnahmezentren in Afrika. Von einem «moralischen Bankrott» sprach die Grünen-Fraktion.

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