Flüchtling hielt es hier nicht aus
Dieser Syrer flüchtete aus der Schweiz

George Melke flüchtete 2013 aus Syrien in die Schweiz. Doch hier war es noch schlimmer als zuhause, darum kehrte er zurück.
Publiziert: 23.12.2015 um 22:27 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:11 Uhr

Der Bürgerkrieg treibt Hundertausende Menschen aus Syrien nach Europa. Dort erhoffen sie sich Sicherheit und eine Perspektive für die Zukunft. Dass diese Träume nicht immer in Erfüllung gehen, musste der 35-jährige George Melke erfahren. Er lebt heute wieder in der syrischen Stadt Kamischli.

Dort hat ihn ein Journalist der «Welt» getroffen. Ihm erzählte Melke von seiner schlimmen Zeit in der Schweiz.

Am 1. Oktober 2013 verliess Melkes Familie Kamischli in Richtung Libanon. In Beirut beantragte er bei der Schweizer Botschaft Asyl, was damals noch möglich war. «Das ging problemlos. Einer meiner Brüder lebt schon lange in der Schweiz, und Christen haben es generell leichter, ein europäisches Visum zu bekommen», erzählt er.

«Schreckliche Zeit» in Basel

Die gefährliche Reise via Balkanroute oder über das Mittelmeer blieb ihm und seiner Familie damit erspart. Sie flogen direkt von Beirut nach Basel. Doch bald folgte die Ernüchterung und eine «schreckliche Zeit», wie Melke es nennt. «Wir wurden von einem Internierungslager zum anderen verschoben.»

Erst verbrachte die Familie drei Wochen in Basel, mit 500 anderen Flüchtlingen. «Wir waren es nicht gewohnt, für unser Essen fast eine Stunde lang in einer Schlange anzustehen.» Die hygienischen Zustände waren eine Zumutung: Ein einziges Gemeinschaftsbad für Hunderte von Menschen.

Dann wurden die Melkes nach Aarau gebracht. Dort wohnte er in einem Zimmer mit vier Männern aus dem Magreb, die ständig kifften und sich betranken. Seine Mutter und seine Schwester mit ihren zwei Kindern waren getrennt untergebracht.

Nach zehn Tagen die nächste Verlegung. Diesmal bekamen die Melkes einen Raum und ein Badezimmer für sie alleine. Nach vier Monaten erhielten sie das Bleiberecht für ein Jahr.

«Es ist eine ganz andere Kultur»

Doch obwohl er jetzt frei und in Sicherheit war, wurde George Melke nicht glücklich. «Es ist ein völlig anderes Leben, eine ganz andere Kultur. Egal, ob beim Deutschkurs oder auf der Strasse, die Leute lassen einen spüren, dass man ein Flüchtling, ein Ausländer ist», sagt er und spricht gar halb im Ernst von «Nazi-Mentalität».

Der 35-Jährige zog die Konsequenzen. Er beantragte bei der Stadtverwaltung seine Ausreise. Die Behörden waren zwar erstaunt, finanzierten ihm aber seinen Wunsch. Zwei Tage später sass er im Flugzeug. «Es war der 20. Mai, als ich zu Hause landete.»

Seither hat er seine Entscheidung nicht bereut. Er arbeitet bei einer Bank, betreibt ein Internet-Café und arbeitet zudem bei einer Hilfsorganisation.

Viele Flüchtlinge sind unglücklich

«Es gibt unter den Flüchtlingen viele, denen geht es ähnlich», sagt Melke. «Sie mussten erkennen, Europa ist alles andere als ein Paradies, es war ein Fehler, dorthin zu fliehen.» Doch viele hätten weder das Geld noch Papiere für die Heimreise.

Zudem haben die meisten schlechter Perspektiven in der Heimat. Denn Melkes Heimatstadt im Nordosten Syriens ist relativ friedlich seit sie unter der Kontrolle der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) ist. Die SDF sind ein Zusammenschluss von Kurden, Arabern, Christen und Turkmenen, wie die «Welt» schreibt.

Darum gibt Melke auch zu: «Ich weiss, für andere Syrer mag eine Rückkehr ungleich schwieriger sein. Aber wir können doch nicht ein menschenleeres Land zurücklassen. So schön die Schweiz und andere Länder in Europa sein mögen, aber hier geht es um eine andere Qualität.» Syrien sei seine Heimat, deshalb müsse er hier sein und nicht woanders. (sas)

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