Die Wärter des Hochsicherheitsgefängnisses El Altiplano im mexikanischen Almoloya de Juárez stellten sich nicht nur blind, sondern auch taub, als Drogenboss Joaquín «El Chapo» Guzmán am 11. Juli aus seiner Zelle türmte. Das beweisen Aufnahmen einer Überwachungskamera, die nun erstmals inklusive Tonspur veröffentlicht wurden.
Auf den dem mexikanischen TV-Sender Televisa zugespielten Bildern ist der Chef des Sinaloa-Kartells zu sehen, wie er im Bett liegt und Fernsehen schaut. Die Lautstärke des TVs ist voll aufgedreht – doch die Stimmen aus der Flimmerkiste vermögen nicht die Geräusche zu übertönen, die aus einer Ecke der Zelle «El Chapos» kommen. Zu hören ist lautes Hämmern und Bohren. Als um 21 Uhr schliesslich ein Klopfen ertönt, steht Guzman auf, büschelt die Decke, tigert durch die Zelle und erleichtert sich, bevor er sich die Schuhe auszieht und durch ein Loch in der Dusche im Flucht-Tunnel verschwindet.
Erst nach 25 Minuten reagiert
Das Wachpersonal kümmerte das Verschwinden des Schwerverbrechers zunächst nicht, obwohl mehrere Beamten die Überwachungskameras im Blick hatten. Erst rund 25 Minuten nach der Flucht ging ein Wärter zur Zelle – zu diesem Zeitpunkt hatte Guzmán den Tunnel schon längst durchquert. Zwei Beamte inspizierten die Zelle und informierten die Zentrale per Funk über ein Loch in der Dusche. Alarm wurde erst fast drei Stunden später ausgelöst.
Die Flucht am 11. Juli war ein schwerer Rückschlag für die Sicherheitspolitik von Präsident Enrique Peña Nieto. Nach Guzmáns Gefängnisausbruch wurden 13 Beamte festgenommen, darunter die frühere Leiterin des nationalen Strafvollzugs und der ehemalige Direktor des Gefängnisses El Altiplano.
Auf den flüchtigen Drogenboss ist ein Kopfgeld von umgerechnet rund 3,6 Millionen Franken ausgesetzt worden. (lha/SDA)