Finnen feiern heute ihre Unabhängigkeit auch in der Schweiz
100 Jahre frei – aber die Angst vor Russland bleibt

Am 6. Dezember 1917 erklärte Finnland seine Unabhängigkeit. Das Land im Norden ist den Schweizern sehr sympathisch. Was wissen wir eigentlich über den Jubilar?
Publiziert: 06.12.2017 um 17:03 Uhr
|
Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:15 Uhr
Guido Felder
Vor dem Angriff auf russische Truppen: Finnische Soldaten im Zweiten Weltkrieg.
Foto: Popperfoto/Getty Images

Endlich frei

Das heutige Staatsgebiet von Finnland war über Jahrhunderte ein Spielball der Schweden und Russen. Immer wieder wechselte die Herrschaft. Am 6. Dezember 1917, also genau vor 100 Jahren, erklärten die Finnen im Sog der Russischen Revolution ihre Unabhängigkeit. Im Zweiten Weltkrieg verlor Finnland Teile an Russland. Die Furcht vor dem mächtigen Nachbarn ist nie gewichen: Aus Angst vor neuen Aggressionen aus dem Osten setzte Finnland vor zwei Jahren 900’000 Reservisten in Alarmbereitschaft und kündigte an, die Truppenstärke um 50’000 Mann auf 280’000 zu erhöhen.

Die Ortschaft mit dem längsten Namen: Alles klar?
Foto: Getty

Zwei Landessprachen

In Finnland wird nicht nur Finnisch gesprochen. Auch Schwedisch ist eine Landessprache, die allerdings nur von rund fünf Prozent der Bevölkerung angewendet wird. Kurzer Finnischkurs gefällig? «Kiitos» heisst «Danke», «Hyvää päivää» «Guten Tag», «Kippis» «Prost», «Kyllä» «Ja». Bis drei zählen geht so: «yksi, kaksi, kolme». Finnisch hat nichts mit den anderen skandinavischen Sprachen zu tun, ist aber mit dem Estnischen und weit entfernt mit dem Ungarischen verwandt.

Schneller Finne: Kimi Räikkönen.
Foto: Getty

Schnelle und berühmte Finnen

Zu den berühmtesten Finnen gehören die Formel-1-Weltmeister Kimi Räikkönen (38), Mika Häkkinen (49), Keke (69) und Nico Rosberg (32), «Sunrise Avenue»-Frontmann Samu Haber (41), Skispringer Matti Nykänen (54), Friedensnobelpreisträger Martti Ahtisaari (80), Architekt Alvar Aalto (1898–1976) und Komponist Jean Sibelius (1865–1957).

Leningrad Cowboys, die Kultband aus Finnland.
Foto: Keystone

Die traurig-lustigen Filme

Meisterregisseur Aki Kaurismäki (60) macht die schönsten traurigen Filme der Welt. Jüngstes Beispiel ist der in Berlin mit dem Silbernen Bären ausgezeichnete Film «Die andere Seite der Hoffnung» über einen syrischen Flüchtling in Helsinki. Berühmt ist auch sein Film über die Rockband «Leningrad Cowboys» aus dem Jahr 1989. Die Band mit den spitzen Schuhen und übergrossen Elvis-Tollen gibt es immer noch, sie tritt hin und wieder auch in der Schweiz auf.

Typisch finnisches Design: ein Showroom mit Marimekko-Design.
Foto: Jeanette Schaun

Ein Auge für Schönheit

Finnland ist für sein schnörkelloses Design bekannt. Ein Besuch in einer finnischen Wohnung zeigt die Vielfalt: Die vom Gast mitgebrachten Blumen werden in eine Aalto-Vase gestellt. Der Tisch ist mit Tellern von Arabia und Glas von Iittala gedeckt. Der zum Kaffee gereichte Hefezopf wird mit einem Messer von Fiskars aufgeschnitten, und die farbenfrohen Heimtextilien stammen natürlich von Marimekko.

Legendär: Das alte Nokia-Handy.
Foto: Imago

Natels aus der Gummistiefel-Fabrik

Damals waren sie hypermodern, heute gelten die Nokia-Telefone als alte Knochen. Zur richtigen Zeit hatte der Holzstoffhersteller Nokia, der auch Gummistiefel produzierte, diversifiziert und in den 90er-Jahren mit der Entwicklung von Mobiltelefonen begonnen. Inzwischen ist der Stern verblasst. Die Telefonsparte wurde an Microsoft verkauft. Nokia selber konzentriert sich mit Nokia Networks auf Kommunikationsnetze, Software und Technologie.

Der Joulupukki kommt! Der Weihnachtsmann wohnt im Norden Finnlands.

Der coolste Weihnachtsmann

Die Finnen nennen ihren Weihnachtsmann Joulupukki. Er hat ein eigenes Postamt, das jährlich Tausende von Kinderbriefen beantwortet. Seine Adresse: Joulupukin Pääposti, FI-96930 Napapiiri, Finnland. Jedes Jahr besuchen ihn eine halbe Million kleine und grosse Fans. 

Finnische Disziplin: Ehefrauen-Tragen.
Foto: AP

Weltmeisterschaft im Ehefrauen-Tragen

Die Finnen sind berühmt für ihren skurrilen Humor. So sind sie Erfinder von Wettbewerben wie Luftgitarre-Spielen und Handy-Weitwurf. Seit 1992 findet in Sonkajärvi die Weltmeisterschaft im Ehefrauen-Tragen statt. Der Weltrekord für die 253,5 Meter lange Strecke beträgt 55,5 Sekunden. Inzwischen gibt es Unterformen wie Stafette und Sprint. Die meisten Anlässe sind nur ein Vorwand, um anschliessend ausgiebig feiern zu können.

Sauna-WM mit Todesfolge: Der Russe Wladimir Ladyzhenskiy (l.) starb, der Finne Timo Kaukonen musste ins Spital eingeliefert werden.
Foto: EPA

Tödlicher Kampf in der Sauna

Kein Haus, ja keine Mietwohnung ohne Sauna. Schon Babys werden nach wenigen Monaten in diese finnische Kultur eingeführt. Allerdings sind die Finnen beim Saunabesuch wider Erwarten nicht so offen: Zwar ist der Besuch nackt, aber Frauen und Männer gehen in der Regel getrennt. Beim Bier in der Hitze sind schon viele Geschäfte und politische Entscheidungen getroffen worden. Und natürlich gibts auch beim Saunieren eine Weltmeisterschaft: 2010 starb ein Russe nach sechs Minuten bei 110 Grad. Sieger wurde ein Finne, der aber ins Spital eingeliefert werden musste.

Christoph Werner und Urs Schwarz von der Schweizerischen Vereinigung der Freunde Finnlands legten zu Ehren des Oberbefehlhabers Mannerheim in Montreux VD einen Kranz nieder.
Foto: Guido Felder

Die Finnen in der Schweiz

Es leben rund 3800 Finnen in der Schweiz. Die Mehrheit sind Frauen, weil die Männer lieber in ihrem Land bleiben. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründeten Schweizer die Vereinigung der Freunde Finnlands (SVFF), um den gebeutelten Skandinaviern auf die Beine zu helfen. Es gibt Kultur- und Militäraustausch sowie viele Anlässe. Vom 14. bis 17. Dezember vertritt die SVFF Finnland am internationalen Weihnachtsmarkt Venite in Luzern. Angeboten werden Glühwein, Lachs, Gebäck und finnische Geschenke. In Montreux VD befindet sich ein Denkmal von Oberbefehlshaber Carl Gustaf Emil Mannerheim (†83), der Finnland geschickt durch den Zweiten Weltkrieg führte und 1951 in Lausanne verstarb.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?