Donald Trump verbringt ungemütliche Weihnachten im Weissen Haus. Da sind einerseits die Demokraten, die ihm kurz vor den Festtagen ein Geschenk verweigerten und keine zusätzlichen 5,7 Milliarden Dollar für den Mauerbau an der Grenze zu Mexiko bereitstellen wollten. Mit einer Haushaltssperre, dem sogenannten Shutdown, legte Trump als Antwort die Regierung lahm. 800'000 Angestellte sind davon betroffen.
Doch der Mauer-Streit ist nur die Spitze des Eisbergs: Für Trump politisch schwerwiegender sind die Entwicklungen an der Wall Street. Die Börse ist in einem Tief, das historische Ausmasse annimmt. Dabei waren die stets grünen Ziffern aller wichtigen Aktienindizes die beste Werbung für Trumps Präsidentschaft. Wenn in der Vergangenheit Negativschlagzeilen über Trump hereinbrachen, verwies er zu gerne auf die guten Zahlen. Sie waren ihm auch eine passende Ablenkung.
In drei Monaten wurden die Gewinne seit Herbst 2017 ausradiert
Als der selbsternannte Selfmade-Milliardär im Januar 2017 ins Weisse Haus einzog, übernahm er eine funktionierende Wirtschaft. Der neue US-Präsident führte das Erbe seines Vorgängers Barack Obama fort. In den vergangenen zwei Jahren wurde Rekord um Rekord gebrochen: Der Dow-Jones durchbrach zuerst die 20'000er-, ein Jahr später die 25'000er-Marke und erreichte anfangs Oktober den Höchststand von 26'828 Punkten.
Doch seither gehts bergab, und zwar rasant: In den vergangenen drei Monaten verlor der wichtigste Aktienindex der Welt über 5000 Punkte, rund 19 Prozent. Auch andere US-Indizes büssten ein: Der breiter gefasste S&P 500 gab an Heiligabend um 2,71 Prozent nach. Jener der Technologie-Börse Nasdaq steht an Weihnachten so tief wie seit Sommer 2017 nicht mehr.
Will Trump Fed-Chef Powell und Finanzminister Mnuchin entlassen?
Die Gründe für die heftigen Verluste sind vielfältig. Der von Trump angezettelte Shutdown belastet die Stimmung ebenso wie der – ebenfalls von Trump initiierte – US-Handelsstreit mit China. Der US-Präsident wirkt nervös und teilt aus. Am Montag, wenige Stunde vor Heiligabend, attackierte er wie schon in den Wochen zuvor die Notenbank Federal Reserve und machte ihren Zinserhöhungskurs für den konjunkturellen Gegenwind verantwortlich. «Das einzige Problem, das unsere Wirtschaft hat, ist die Fed», schrieb Trump. Die Währungshüter hätten kein Gespür für den Markt.
Offenbar soll der US-Präsident in der Woche vor Weihnachten sogar die Entlassung des Fed-Chefs Jerome Powell in Erwägung gezogen haben. Das berichtet «Bloomberg» mit Berufung auf Regierungsmitarbeitende. Und weil Trumps Finanzminister Steven Mnuchin vor gut einem Jahr Powell als Fed-Chef empfohlen hat, soll auch er auf der Abschussliste des Präsidenten stehen.
Eine allfällige Entlassung des Finanzministers hätte auch Auswirkungen auf das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos. Mnuchin soll die US-Delegation Ende Januar anführen, kündigte die Präsidentensprecherin Sarah Sanders vergangene Woche an. Wird er nun noch vor dem WEF entlassen? Sein Verbleib soll laut «Bloomberg» davon abhängen, wie sich die Märkte in den kommenden Wochen weiterentwickeln.
Trump droht zum Zwei-Jahres-Jubiläum eine schwarze Null
Am Weihnachtstag äusserte sich Trump erstmals zu den diversen Entlassungsgerüchten und schlug dabei einen merklich anderen Ton an als auf Twitter: Er finde zwar, dass Powell die Zinsen zu schnell erhöhe, er habe aber Vertrauen, dass die Fed die Entwicklung bald in den Griff bekommen werden. Angesprochen auf seinen Finanzminister meinte Trump, er habe auch in ihn vollstes Vertrauen. «Mnuchin ist ein sehr talentierter Kerl, ein sehr kluger Mensch.»
Die Äusserungen könnten nun eine der Sorgen an der Wall Street mildern, obwohl Trump die Entfernung von Powell als Chef der Zentralbank nicht explizit ausgeschlossen hatte. Am Stephanstag öffnen die US-Börsen wieder.
Für Trump gehts während den Feiertagen und in den ersten Wochen des neuen Jahres nun darum, dass nicht auch noch die Gewinne zwischen Januar und September 2017 ausradiert werden. Ansonsten kann sich der US-Präsident am 20. Januar anlässlich seines zweijährigen Jubiläums im Weissen Haus auch nicht mehr an die Börsengewinne klammern. Es wäre aus seiner Sicht ein denkbar schlechter Start in den Präsidentschaftswahlkampf 2020.