Die Schüsse auf sechs Afrikaner in der Kleinstadt Macerata haben in Italien Entsetzen und Furcht vor weiterer Gewalt ausgelöst. Der mutmassliche Schütze, der 28-jährige Luca Traini, handelte nach Informationen der Behörden aus rassistischen Motiven.
«Das einzige Element, das die Verletzten miteinander verbindet, ist ihre Hautfarbe», sagte der italienische Innenminister Marco Minniti. Der Italiener, der verdächtigt wird, die Schüsse abgegeben zu haben, zeige keine Reue, berichten italienische Medien heute unter Berufung auf die Ermittler.
Auf Schwarze gezielt
Zwei Stunden lang hatte der Schütze am Samstag Macerata in den Marken in Angst und Schrecken versetzt: Aus einem Auto gab der Mann an verschiedenen Orten der Stadt Schüsse ab und verletzte sechs Menschen aus Gambia, Nigeria, Ghana und Mali. Einige von ihnen wohnen schon länger in Italien, andere sind Asylbewerber, wie ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur dpa sagte.
Der Zustand eines Verletzten war kritisch, ein anderer wurde bereits aus dem Spital entlassen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Tatverdächtigen vor, ganz bewusst auf Schwarze gezielt zu haben. Geschossen haben soll er zudem auch auf Gebäude - unter anderem auf den Sitz der sozialdemokratischen Regierungspartei.
Mitten im Wahlkampf
Der Angriff trifft Italien mitten im Wahlkampf - die Gemüter sind einen Monat vor den Wahlen am 4. März ohnehin erhitzt. Mit klaren Positionen gegen Einwanderer machen rechte Parteien wie die Lega Stimmung gegen Migranten und haben Aufwind bekommen.
Der Grossteil der im Mittelmeer Geretteten wird nach Italien gebracht. 2017 waren es mehr als 119'000 Menschen. Regierungschef Paolo Gentiloni appellierte am Samstag an die Vernunft der Parteien im Wahlkampf und warnte vor einer Gewaltspirale. «Hass und Gewalt werden es nicht schaffen, uns auseinanderzutreiben.»
Doch Lega-Chef Matteo Salvini nahm den Angriff zum Anlass, um der Regierung erneut Fehler in der Flüchtlingskrise vorzuwerfen. «Wer sich irrt, muss zahlen. Die unkontrollierte Einwanderung führt zu Chaos, zu Wut», twitterte er.
Politiker wie Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi forderten, den Vorfall in Macerata aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Angemessen seien nun «Ruhe und Verantwortung», schrieb der Sozialdemokrat auf Facebook. Gleichzeitig liess er wissen, der Verdächtige habe im vergangenen Jahr für die Lega Nord auf kommunaler Ebene kandidiert.
Vom Mord angestachelt?
Laut dem italienischen Innenminister Marco Minniti soll der Verdächtige einen «rechtsextremistischen Hintergrund mit klaren Bezügen zum Faschismus und zum Nazismus» haben und allein gehandelt haben. Als die Carabinieri Traini am Samstagmittag festnahmen, hatte sich dieser in eine italienische Flagge gehüllt.
In seinem Auto wurde eine Pistole gefunden. Medienberichten zufolge wurde der Mann an einem Denkmal für gefallene Soldaten gestellt, wo er zuvor einen faschistischen Gruss gezeigt habe. Die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete, in seiner Wohnung sei Hitlers «Mein Kampf» beschlagnahmt worden.
Traini soll bei seiner Vernehmung laut Ansa gesagt haben, unmittelbar vor der Tat im Radio erneut von der Ermordung Pamela Mastropietros (†18) aus Rom gehört zu haben. Die Tat hatte Macerata vor wenigen Tagen erschüttert. Bei dem Täter, der die zerstückelte Leiche offenbar in zwei Koffern versteckt hatte, soll es sich um einen Nigerianer handeln.
«Ich war im Auto auf dem Weg ins Fitness-Studio, als ich das x-te Mal die Geschichte von Pamela hörte», soll Traini laut «La Repubblica» im Verhör erzählt haben. Dann sei er umgekehrt und habe die Pistole geholt.
Traini sitzt nun hinter Gitter – im selben Gefängnis, in dem sich auch der Verdächtige im Fall Pamela Mastropietro befindet. (SDA/lha)