Donald Trump liebt Twitter. «Vielleicht wäre ich nicht hier, wenn es Twitter nicht gäbe», sagte der 45. US-Präsident Mitte März. Die Vorliebe erwächst aus seinem abgrundtiefen Misstrauen den traditionellen Medien gegenüber. «Ich habe meine ganz eigene Art von Medien», sagte er. «Twitter ist für mich wunderbar.»
Rund 28 Millionen Menschen verfolgen Trumps Tweet-Tiraden. In den ersten 99 Tagen seiner Präsidentschaft hat Trump rund 450 Kurzmitteilungen veröffentlicht, in denen er über seine Aussenpolitik, seine Familie, Hassbotschaften und Verschwörungstheorien berichtet. Oft schreibt er Teile seiner Nachrichten in Grossbuchstaben.
Laut «USA Today» war sein produktivster Twitter-Tag der Tag seiner Amtseinführung am 20. Januar: Zwölf Kurzmitteilungen veröffentlichte der frisch gekürte Präsident. Seither blieben nur zwei Tage unkommentiert auf seinem Twitter-Konto. Einer seiner Lieblings-Ausdrücke: «fake news». 29-mal verwendete er diesen – dazu noch 20-mal in Grossbuchstaben.
Von freier Meinungsäusserung und professionellen Demonstranten
Der Lieblingstweet der Twitter-Community: «Friedliche Proteste sind ein Kennzeichen unserer Demokratie. Auch wenn ich nicht immer einverstanden bin, ich akzeptiere das Recht auf Meinungsäusserungsfreiheit.»
Über 83'000-mal wurde diese Botschaft retweetet. Der Witz: Kurz nach seiner Wahl empörte er sich auf Twitter über die Menschen, die auf den Strassen gegen ihn demonstrierten. Er bezeichnete sie als «professionelle Demonstranten» und fand das Ganze «sehr unfair».
Der Muslim-Bann
Wenige Tage nach seiner Amtseinführung holte Trump zu seinem ersten grossen Schlag aus: Er verbot Bürgern von sieben verschiedenen muslimischen Ländern die Einreise – und begründete dies auf Twitter. «Wir müssen Böses aus unserem Land raushalten!»
Nur: Damit hatte er wenig Erfolg. Dass die Bundesrichter seinen Muslim-Bann ausser Kraft setzten, verleitete ihn zu einem hässigen Tweet: «Das ist lächerlich und wird geändert werden.»
Während Trump die Meldungen der Medien regelmässig als Fake News bezeichnet, erfand er einen Terroranschlag in Schweden und begründete damit erneut seine Immigranten-feindlichen Massnahmen. Nur: Niemand wusste, wovon der Präsident spricht. Statt seinen Fehler einzusehen, begründete er seine Aussage mit einem Bericht auf Fox News.
«Obama hat mich überwacht»
Anfang März folgte der wohl spektakulärste Tweet des Präsidenten: «Schrecklich! Gerade habe ich herausgefunden, dass Obama mich abgehört hat im Trump Tower vor meinem Sieg.» Die Anschuldigung zog eine Untersuchung nach sich – die ohne Ergebnis blieb.
Eine Woche später nimmt Donald Trump die Abschaffung der Obama Care in die Hand. Laut seinen Aussagen ein Projekt, kurz vor dem Abgrund. Also mobilisiert er seine Räte, um seine eigene Gesundheitsreform einzuführen: «Wir machen grosse Fortschritte», schreibt er am 11.März.
Derweil tut sich Donald Trump etwas schwer mit der Meinungsfreiheit im Land. Ein Video von Snoop Dogg erzürnte den Präsidenten: Im Clip schiesst der Musiker mit einer Spielzeugpistole auf Trump. Dieser reagiert empört: «Könnt ihr euch vorstellen, welchen Aufschrei es gegeben hätte, wenn Snoop Dogg mit seiner missratenen Karriere und so, sich getraut hätte, auf Präsident Obama zu schiessen?»
Seine Lieblingsmitarbeiter: Weiss und männlich
Am 24. März unterschreibt Donald Trump eines seiner zahlreichen Dekrete. Er entscheidet damit: Die umstrittene Keystone-Pipeline soll gebaut werden. Voller Stolz postet er das Foto von sich und seinen Untergebenen auf Twitter. Nicht zum ersten Mal: Ein derartiges Foto existiert von diversen Unterzeichnungen. Auffallend und tragisch: Trumps Vorliebe für die weisse, männliche, in die Jahre gekommene Oberschicht ist nicht zu übersehen.
Nach dem Giftgasangriff holt Trump aus zum Gegenschlag und bombardiert Syrien. In einem Video verkündet er die Nachricht und begründet den Entscheid: «Sogar wunderschöne Babys wurden ermordet!»
Drohungen gegen Nordkorea
Nach seinem Schlag gegen Syrien droht Donald Trump Nordkorea mit einem Militärschlag. «Wenn China mitmacht, wäre das grandios. Wenn nicht, werden wir das Problem selbst in die Hand nehmen.» Dabei bleibt es nicht. Zwei Tage droht er erneut mit einem Alleingang gegen Nordkorea.
Und trotz Kontroversen um Russland: Der Präsident ist überzeugt, dass «zur richtigen Zeit kommen alle zur Vernunft und es wird Frieden geben».
Bezahlte Demonstranten
Nebenbei will Trump eine Steuerreform durchbringen – und sorgt für Unmut bei der Bevölkerung. Erneut kommt es zu grossen Demonstrationen. Für Trump ist klar: Die waren alle dafür bezahlt!
Vier Tage später freut sich der Präsident über das Superbowl Gewinner-Team Patriots. Nur: Rund ein Dutzend Spieler boykottierten die Feier.
Trump prophezeit Lügen
Noch vor dem Erreichen der 100 Tage Amtszeit wirft Trump den Medien bereits wieder Lügen vor – die noch gar nicht existent sind: «Egal, wie viel ich erreicht habe während den lächerlichen standardmässigen 100 Tagen – und es war viel – die Medien werden es verleugnen!»
Die Mauer macht Mühe
Derweil arbeitet Donald Trump an einem weiteren Wahlversprechen. Dies scheint schwieriger einlösbar zu sein, als sich Trump das vorgestellt hat. Ihm fehlt das Geld, die verkündete Mauer in Mexiko zu errichten. Trotzdem: Er hält am Mauerbau fest. «Irgendwann wird Mexiko in irgendeiner Form zahlen für die dringend nötige Grenzmauer.»
«Lasst euch nicht von Fehlinformationen täuschen, dass ich meine Meinung zur MAUER geändert habe. Ich werde sie bauen und damit helfen, Drogen- und Menschenhandel, etc zu stoppen.»
Trumps Tweet-Aktivität wird wohl die nächsten vier Jahre seiner Amtszeit anhalten. Man kann gespannt sein, was da noch auf die Welt zukommt. (kra)