Lange hat es gedauert, doch nun hat Facebook-Chef Mark Zuckerberg (34) zugestimmt: Eine öffentliche Anhörung vor dem EU-Parlament in Brüssel. Am Dienstag um 18.15 Uhr muss der 34-Jährige Rede und Antwort stehen. Und zwar live übertragen auf der Homepage des Europaparlaments.
Das teilte EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani per Twitter mit.
Das Format der Anhörung von Mark Zuckerberg im EU-Parlament hat die vielen harten Fragen verhallen lassen. Der Facebook-Chef konnte sie alle auf einmal beantworten - und so vielen angesprochenen kontroversen und tiefgründigen Problemen ausweichen.
Der Facebook-Chef ist im EU-Parlament viel härter rangenommen worden als bei seinem Anhörungs-Marathon im US-Kongress. Das Format, bei dem in Brüssel alle Fragen zum Schluss auf einmal beantwortet werden sollten, gab dem 34-jährigen Tech-Milliardär jedoch die Möglichkeit, unangenehmen Fragen auszuweichen.
Mini-Stellungnahmen statt konkrete Antworten
Zuckerberg konnte einfach nur breit gefasste Mini-Stellungnahmen zu einigen der angesprochen Themen statt konkreter Antworten geben. Das Verfahren ist nach Auskunft des EU-Parlaments generell üblich bei der sogenannten «Conference of Presidents» mit dem Kreis der Fraktionsvorsitzenden.
Die Fraktionsspitzen wollten unter anderem wissen, warum Facebook die vom Datenskandal um Cambridge Analytica betroffenen nicht bereits 2015 informierte und ob Zuckerberg an dieser Entscheidung beteiligt war. Und ob der Fall «nur die Spitze eines Eisbergs» war.
Sie sprachen an, dass Facebook zum Beispiel über den «Like»-Button auch einige Daten von Nicht-Mitgliedern sammle - und auch eine konkurrenzlose Rolle Facebooks, nachdem Konkurrenten mit ähnlichen Online-Netzwerken aus dem Geschäft gingen.
«Digitales Monster, das unsere Demokratie zerstört»
Mit besonders scharfen Worten fiel Guy Verhofstadt, Fraktionsvorsitzender der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, auf. Zuckerberg müsse sich entscheiden, ob er in die Geschichte in einer Reihe mit Technologie-Innovatoren wie Apple-Gründer Steve Jobs und Microsoft-Gründer Bill Gates eingehen werde - oder als «ein Genie, das ein digitales Monster geschaffen hat, das unsere Demokratien zerstört».
Verhofstadt versuchte auch, den üblichen Argumenten Zuckerbergs bei Fragen nach einer dominierenden Stellung Facebooks schon vorab den Wind aus den Segeln zu nehmen - das sei, als würde ein monopolistischer Autohersteller sagen, man könne schliesslich auch Flugzeug, Zug oder ein Fahrrad nehmen, sagte er.
Fragen würden später beantwortet
Zuckerberg wiederholte dazu seine vorherigen Worte, dass es in der Branche viel Wettbewerb gebe, weil die Nutzer auf vielen Kanälen miteinander kommunizierten. «Aus meiner Perspektive kommen jeden Tag neue Konkurrenten hinzu.»
«Mir ist bewusst, dass es viele konkrete Fragen gab, auf die ich nicht konkret eingehen konnte», sagte der Facebook-Chef zum Schluss. Man werde sie nachträglich beantworten.
Einige der Fraktionschefs machten ihrer Unzufriedenheit Luft. «Ich habe sechs Fragen eingereicht, die mit »Ja« oder »Nein« beantwortet werden können - und keine davon ist beantwortet worden», empörte sich der Grüne Philippe Lamberts. Eine davon war, ob Facebook seinen Mitgliedern die Möglichkeit geben werde, sich komplett personalisierter Werbung zu entziehen.
Erneute Entschuldigung vom Facebook-Chef
Zum Auftakt entschuldigte sich Zuckerberg abermals für den jüngsten Datenskandal um Cambridge Analytica. Facebook habe das Ausmass seiner Verantwortung unter anderem im Kampf gegen den Missbrauch von Nutzer-Informationen durch App-Entwickler nicht erkannt, sagte Zuckerberg am Dienstag bei einem live übertragenen Treffen mit Fraktionsspitzen. «Das war ein Fehler und es tut mir leid.»
Das waren ähnliche Worte wie bei Zuckerbergs insgesamt zehnstündigem Auftritt im US-Kongress. Dort fielen die Senatoren und Abgeordneten zum Teil damit auf, dass sie die Funktionsweise von Facebook nicht kannten - oder von der Beschränkungen auf wenigen Minuten pro Fragesteller ausgebremst wurden.
87 Millionen Nutzer-Daten betroffen
Im März war bekanntgeworden, dass sich die britische Firma Cambridge Analytica Zugang zu Daten von Millionen Facebook-Nutzern verschafft hatte. Im aktuellen Skandal um Facebook und Cambridge Analytica könnten nach Einschätzung von Facebook die Daten von bis zu 87 Millionen Nutzern weltweit betroffen sein - unter ihnen sollen auch 2,7 Millionen EU-Bürger sein.
Mit Hilfe der Daten sollen etwa Wähler im US-Präsidentschaftswahlkampf zugunsten von Donald Trump mit Wahlwerbung beeinflusst worden sein. Facebook hatte sich wiederholt entschuldigt und diverse Konsequenzen gezogen.
Wochelang versucht Zuckerberg vorzuladen
Das Europaparlament hatte wochenlang versucht, Zuckerberg vorzuladen. Dieser hatte erst versucht, seinen Vize-Chef für Öffentlichkeitsarbeit, Joel Kaplan, vor zu schicken. Das Gespräch am Dienstag sollte zunächst hinter verschlossenen Türen stattfinden, wie der konservative Italiener Tajani in der vergangenen Woche mitgeteilt hatte. Am Ende bildete sich jedoch im Parlament eine Mehrheit für die öffentliche Übertragung im Internet.
«Es wäre auch zu absurd gewesen, wenn ausgerechnet ein Hearing (Anhörung) mit dem Chef der Datenkrake Facebook hinter verschlossen Tür stattgefunden hätte», meinte der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold. (SDA)