Exklusiv! Katalanen-Chef Carles Puigdemont mit Hilferuf im BLICK
«Wir wollen die Schweiz als Vermittlerin!»

Heute um 10 Uhr lief das spanische Ultimatum an den abtrünnigen Katalanen-Chef Carles Puigdemont (54) aus. Im letzten Moment richtet er sich an den Bundesrat: Die Schweiz soll helfen, das Schlimmste zu verhindern.
Publiziert: 15.10.2017 um 23:52 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:22 Uhr
Fabian Eberhard aus Girona (Spanien)

Spanien steht vor der grössten Zerreissprobe seit Jahrzehnten. Die Fronten im Katalonien-Konflikt sind verhärtet. Heute Montag um 10 Uhr lief ein Ultimatum des konservativen spanischen Regierungschefs Mariano Rajoy (62) an seinen Widersacher Carles Puigdemont (54) aus. Demnach musste der Katalanenführer klarstellen, ob er bei seiner verwirrenden Rede vor dem Regionalparlament tatsächlich die Unabhängigkeit erklärt hat oder nicht.

Entscheidet sich Puigdemont für die Loslösung von Spanien, dürfte Rajoy schon in den nächsten Tagen zu seiner härtesten Waffe greifen: Dem Verfassungsparagrafen 155, die «nukleare Option». Konkret: Katalonien würde unter Zwangsverwaltung von Madrid gestellt und Puigdemont verhaftet.

Doch soweit kommt es nun wohl nicht. Heute Vormittag wurde Puigdemonts Brief an Rajoy öffentlich. Darin verzichtet der Katalane auf eine klare Antwort auf die Unabhängigkeits-Frage. Stattdessen will Puigdemont zwei Monate Aufschub. In dieser Zeit will er mit der spanischen Regierung verhandeln.

Hinter den Kulissen steht Bern bereits in Kontakt mit beiden Seiten

In diesen Verhandlungen soll die Schweiz helfen. Wenige Stunden vor Ablauf des Ultimatums brachte der Katalanen-Chef die Schweiz ins Spiel. Er will, dass unser Land vermittelt! Exklusiv gegenüber BLICK bittet er den Bundesrat, Spanien vor der Eskalation zu retten. «Die Schweiz hat eine lange und erfolgreiche Tradition als internationale Vermittlerin», sagt er. «Katalonien ist entschieden und aufrichtig zum Dialog mit Madrid gewillt, falls die Schweizer Regierung einer Mediation zustimmt», antwortet Puigdemont auf die Fragen von BLICK.

Hinter den Kulissen steht das Aussendepartement (EDA) in Bern bereits in Kontakt mit beiden Seiten. Man sei bereit, «eine Plattform für den Dialog» zwischen der spanischen Regierung und den katalanischen Behörden einzurichten. Mehr will das EDA allerdings nicht sagen, Details könnten einen möglichen Mediationsprozess gefährden.

Mehrere Schweizer Aussenpolitiker haben sich bereits positiv über ein mögliches Vermittlungsmandat geäussert. «Unser Land wäre prädestiniert», sagte etwa FDP-Ständerat Damian Müller (32, LU) im SonntagsBlick.

Puigdemont ruft seine Anhänger zur Ruhe auf

Bisher sind jegliche Vermittlungsversuche gescheitert. Spaniens Regierungschef Rajoy ist zu keinem Dialog bereit. Er sperrt sich gegen eine Kompromisslösung. Erst am Samstag bekräftigte sein Innenminister Juan Ignacio Zoido das Ultimatum erneut: «Wir werden keine ausweichende oder zweideutige Antwort akzeptieren», sagte er. Bei einer unklaren Aussage Puigdemonts werde man «Massnahmen ergreifen müssen».

Der Katalanen-Chef seinerseits rief seine Anhänger gestern an einer Pressekonferenz im Palast der Generalität in Barcelona zur Ruhe auf: «Ich bekräftige unsere Verpflichtung zum Frieden, zum Bürgersinn und zur Gelassenheit.» Und: Man erlebe derzeit «schwere, aber hoffnungsvolle Stunden».

Laut Insidern geht der Katalanen-Führer offenbar davon aus, dass er schon bald wegen fortgesetzten Ungehorsams, Rechtsbeugung und Rebellion gegen den spanischen Staat festgenommen wird. Er sei bereit, ins Gefängnis zu gehen, soll er seiner Familie und seinen engsten politischen Freunden anvertraut haben – für die Demokratie und die Rechte des katalanischen Volks.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?