Ex-US-Botschafter Ed McMullen im Interview
«Die Trump-Jahre werden sehr gut für die Schweiz»

In Donald Trumps erster Amtszeit war Ed McMullen US-Botschafter in der Schweiz. Im Zollstreit hat er zwischen der Schweiz und den USA vermittelt. Nun spricht er im Interview über Trumps erste 100 Tage im Amt – und einen baldigen Frieden in der Ukraine.
Publiziert: 00:01 Uhr
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Aktualisiert: vor 53 Minuten
«Der Präsident wird immer die Sicherheit des Westens garantieren», sagt Edward McMullen, ehemaliger US-Botschafter in der Schweiz, über Donald Trump.
Foto: Getty Images
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Daniel JungRedaktor News

Edward McMullen (60) war von 2017 bis 2021 US-amerikanischer Botschafter in Bern – während der ersten Amtszeit von Donald Trump (78). McMullen gilt als enger Vertrauter des US-Präsidenten. Seit seinem Rücktritt im Januar 2021 ist der Politstratege an seinem Wohnort in Charleston im US-Bundesstaat South Carolina wieder in der Privatwirtschaft tätig.

Im Interview spricht er über Trumps Start in die zweite Amtszeit und Missverständnisse rund um die US-Zölle. Er betont: «Wir haben einen äusserst geduldigen Präsidenten.»

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Seit seiner Rückkehr aus der Schweiz ist Edward McMullen wieder in der Privatwirtschaft tätig.
Foto: zVg

Herr McMullen, Sie waren in der ersten Amtszeit von Donald Trump US-Botschafter in der Schweiz. Wären Sie gerne zurückgekehrt?
Ed McMullen: Ja, aber ich gehörte zu denjenigen, die den Präsidenten ermutigt haben, Botschafter kein zweites Mal auszuwählen. Ein neuer Blick auf relevante Themen ist wichtig. Die vier Jahre, die ich in der Schweiz verbracht habe, waren äusserst produktiv und erfolgreich. Der Präsident hat mich gebeten, mich weiterhin zu engagieren, was ich auf jeden Fall tun werde. Ich arbeite also viel mit den Medien, um zu erklären, wohin die Politik des Präsidenten geht, insbesondere in Europa.

Als Anfang April neue US-Zölle für die Schweiz angekündigt wurden, haben Sie den Austausch zwischen Karin Keller-Sutter und Präsident Trump erleichtert. Wie würden Sie ihre Rolle beschreiben?
Zurzeit gibt es in der Schweiz keinen US-Botschafter. Callista Gingrich wird das Amt übernehmen, aber sie muss noch vom Senat bestätigt werden. Ich habe deshalb versucht, die Schweizer Sichtweise in unserer Regierung und die Sichtweise der US-Regierung verständlich zu machen. Ich habe als Bürger gehandelt, nicht als Beamter. Ich werde von niemandem dafür bezahlt. Es geht mir einzig und allein um die Fortsetzung der starken bilateralen Beziehungen.

Callista Gingrich soll neue Botschafterin in der Schweiz werden. Sie ist die Frau von Newt Gingrich, dem ehemaligen Sprecher des Repräsentantenhauses.
Foto: keystone-sda.ch

Aber Sie hatten Kontakte sowohl zur US-Regierung als auch zum Bundesrat.
Die habe ich häufig. Ich habe viele gute Freunde in beiden Regierungen wie auch in der Wirtschaft, die mich häufig anrufen.

Als Präsident Trump diese Zölle ankündigte, argumentierte er, dass die USA unfair behandelt werden. Wendet die Schweiz unfaire Exportpraktiken an?
Während der Wahlkämpfe 2016, 2020 und 2024 hat Präsident Trump seine Position zu Zöllen deutlich gemacht: Er ist der Meinung, dass ein freier Handel nur auf Gegenseitigkeit beruhen kann. Wir werden jetzt als der Buhmann hingestellt, obwohl in Wirklichkeit viele Länder – nicht die Schweiz – die USA jahrzehntelang ausgenutzt haben. Der Präsident hat sich in seiner ersten Amtszeit darum gekümmert. Die erste Amtszeit ist deshalb ein guter Richtwert, um zu verstehen, was er zu tun gedenkt. Die Schweiz ist in einer einzigartigen Position, denn dieses Land mit 9 Millionen Einwohnern ist in der ersten Amtszeit des Präsidenten vom achtgrössten zum sechstgrössten ausländischen Direktinvestor in den USA aufgestiegen. Das ist einer der grossen Erfolge, auf die ich stolz bin.

Am 2. April stellte Donald Trump neue Zölle vor – darunter auch 31 Prozent für Exporte aus der Schweiz.
Foto: Getty Images

In der ersten Präsentation zum «Tag der Befreiung» wurde der Schweiz vorgeworfen, sie behandle die USA unfair. War das nur ein Missverständnis?
Nun, ich denke, wir müssen diese Zolltafel hinter uns lassen. Wie ich bereits am Tag der Veröffentlichung sagte, war ich von diesen Zahlen verblüfft. Die Daten waren eindeutig fragwürdig. Und glücklicherweise haben viele der Länder, die dort aufgeführt sind, dazu beigetragen, dem Weissen Haus zu verdeutlichen, was die wirklichen Zahlen sind.

Dennoch sind viele Wirtschaftsexperten über die US-Zölle besorgt. Der Internationale Währungsfonds hat vor einem grossen negativen Schock für die Weltwirtschaft gewarnt. Beunruhigt Sie das?
Nein, überhaupt nicht. Als ich diesem Präsidenten in seiner ersten Amtszeit diente, gab es dieselben Pessimisten, die die gleichen Dinge sagten. Wir haben einen sehr aufmerksamen, starken Geschäftsmann, der beabsichtigt, eine Wirtschaft zu schaffen, wie er es vor acht Jahren getan hat, die anders sein wird als alles, was wir seit Jahrzehnten gesehen haben. Der IWF und die Pessimisten von der Wall Street werden sich, wie schon vor acht Jahren, getäuscht sehen.

Was wird mit China geschehen?
Ich erinnere mich an das fantastische Treffen zwischen Präsident Xi und Präsident Trump im Jahr 2017. Sie waren in der Lage, eine Beziehung aufzubauen, bei der sie zum Telefon greifen und miteinander sprechen konnten. Corona war der Reset-Knopf, der für grosse Spannungen gegenüber China sorgte. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir zu einer starken Beziehung zu China zurückkehren werden. Die Chinesen brauchen den US-amerikanischen Markt. Der US-Markt hängt sehr stark von China ab.

Donald Trump (r.) unterhält sich mit Xi Jinping während einer Begrüssungszeremonie in der Grossen Halle des Volkes in Peking beim Besuch vom 9. November 2017.
Foto: AP

Sind Sie nicht besorgt über eine militärische Eskalation mit China?
Niemals, nein. Was ich über Donald Trump weiss, ist, dass Frieden durch Stärke eine Priorität seiner Regierung ist. Der Präsident wird immer die Sicherheit des Westens und der Vereinigten Staaten garantieren. In der Ukraine-Russland-Frage hat er versucht, einen Weg zum Frieden zu finden, indem er ganz klar sagte, dass wir diesen Krieg nicht die nächsten 50 Jahre führen werden. Die Kosten in Menschenleben, die Kosten in Dollar, das ist lächerlich. Wir müssen eine Lösung finden. Wenn beide Parteien unglücklich sind, hat man etwas erreicht, oder?

Während des Wahlkampfs sprach Präsident Trump davon, den Krieg sehr schnell zu beenden. Jetzt scheint er die Geduld zu verlieren.
Ich glaube nicht, dass er ungeduldig ist. Wir haben einen äusserst geduldigen Präsidenten. Das Ziel in der Ukraine-Russland-Frage ist es, rasch zu einem Friedensschluss zu kommen. Wir sind erst seit drei Monaten an der Regierung, bald sind es vier, und Donald Trump hat beide Parteien an einen Tisch gebracht.

In Europa macht man sich Sorgen darüber, was danach passieren könnte, wenn Russland in einem Expansionskrieg Territorium erobern darf.
Ich bin nicht an den Verhandlungen beteiligt. Viele Menschen sind sich uneinig darüber, ob die Krim in die Hände Russlands fallen oder Teil der Ukraine bleiben sollte. In Zukunft müssen wir einen Weg zu Frieden und Wohlstand finden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es bis zum Ende des Jahres einen schnellen Frieden geben wird.

Streit im Weissen Haus: Beim Treffen vom 28. Februar gerieten Wolodimir Selenski (l.) und Donald Trump aneinander.
Foto: AFP

Wir haben die 100-Tage-Marke der zweiten Amtszeit von Präsident Trump erreicht. Wie beurteilen Sie seine bisherige Leistung?
In der kurzen Zeit, in der der Präsident im Amt ist, wurden unglaubliche Veränderungen erreicht. Eine der grössten Bedrohungen für die Vereinigten Staaten war die Einwanderungskrise, bei der jeden Monat eine Viertelmillion Menschen – Gefangene, Kriminelle und andere – über die Grenze kamen. Das hat aufgehört. Im letzten Monat kamen noch 7000 Menschen. Das ist Führungsstärke. Dafür ist er gewählt worden. Eine weitere Priorität war es, unser wirtschaftliches Haus in Ordnung zu bringen. Die vorherige Regierung hatte die Wirtschaft durch die Inflation zerstört. Die Lebenshaltungskosten stiegen, die Lebensqualität sank. Es wird mehr als drei Monate dauern, das in Ordnung zu bringen.

Viele Menschen sind besorgt, dass die Regierung die Grenzen ihrer Macht überschreitet, zum Beispiel wenn es um Abschiebungen geht, oder über eine mögliche Entlassung des Notenbankpräsidenten. Ist das nur Angstmacherei?
Ich denke, es ist ein gutes Clickbait, weil es nicht der Realität entspricht. Der Mann, der nach El Salvador abgeschoben wurde, ist ein Mörder. Jetzt macht er eine gute politische Kampagne damit, dass er ein Familienmensch sei. Niemand kauft ihm diesen Unsinn ab. Die Gerichte werden bestätigen, dass der Präsident innerhalb seiner Kompetenzen gearbeitet hat. Unsere Verfassung gibt dem Präsidenten einen grossen Spielraum zum Schutz des amerikanischen Volks.

Harmonisch: Nayib Bukele (l.), Präsident von El Salvador, und Donald Trump am 14. April im Weissen Haus – dabei sprachen sie auch über die umstrittene Abschiebung von Kilmar Armando Abrego Garcia.
Foto: Getty Images

Donald Trumps Zustimmungsrate liegt bei etwa 40 Prozent, was zu diesem Zeitpunkt der Präsidentschaft niedrig ist, oder?
Oh, ich würde das Gegenteil behaupten. Die Zustimmungswerte sind bei den wichtigsten Themen gut. Es gibt zwar mehr Meinungsverschiedenheiten, aber er hat immer noch eine starke Basis, mindestens 50 Prozent bei den meisten Schlüsselthemen. Wo ich auch hinkomme, höre ich immer: «Zum Glück haben wir einen Präsidenten, der die USA wieder zum Leben erweckt hat. Die Welt weiss, dass wir wieder da sind.» Die Trump-Jahre werden – nach einer kurzen Zeit der Umstellung – sehr gut sein für die Schweiz, sehr gut für Europa und sehr gut für die Welt – nicht nur für die Vereinigten Staaten.

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