Gretchen Carlson (50) hat kurz nach ihrer Entlassung als Moderatorin beim konservativen US-Nachrichtensender Fox News eine Klage gegen ihren ehemaligen Chef, CEO Roger Ailes (76), eingereicht. Der Vorwurf: Ailes soll sie über Jahre sexuell belästigt haben.
Die Anklage liest sich wie ein Musterbeispiel dafür, was gerade ein Vorgesetzter am Arbeitsplatz tunlichst unterlassen sollte: Ailes versuchte seine Moderatorin offenbar immer wieder zum Sex zu überreden, indem er ihr bessere Karrieremöglichkeiten in Aussicht stellte.
Weil Carlson sich jedoch beharrlich weigerte, wurde sie bestraft, wie sie sagt. Die Moderatorin bekam eine schlechtere Sendezeit und weniger Lohn – bis der Sender sie schlussendlich entliess.
«Wir hätten längst eine sexuelle Beziehung haben sollen»
Im vergangenen September hatte Carlson laut Anklage noch versucht, der Diskriminierung ein Ende zu setzen, indem sie Ailes in einem persönliches Gespräch zur Rede stellte. Doch bei dem Treffen in seinem Büro soll es nur zu neuen unangebrachten Avancen gekommen sein.
«Ich glaube, du und ich hätten schon längst eine sexuelle Beziehung haben sollen», soll der TV-Boss der Miss-America-Gewinnerin von 1989 beschieden haben. «Dann würde es dir gut und besser gehen und mir würde es gut und besser gehen.» Für den Fall, dass das noch nicht klar genug war, soll Ailes hinzugefügt haben, Probleme seien so manchmal einfacher zu lösen.
Die Anklage listet zahlreiche weitere eindeutige Zweideutigkeiten auf, mit denen der CEO die blonde Moderatorin bedrängte. So soll er etwa erklärt haben, er würde sie nehmen, sollte er eine Person auswählen können, um gemeinsam auf einer einsamen Insel zu stranden. Bei einer anderen Gelegenheit soll er in ihrer Gegenwart vor anderen Leuten geprahlt haben, schon mit drei Ex-Miss-Americas geschlafen zu haben, nur mit Carlson nicht. Diese sei zwar «sexy», aber «zu viel harte Arbeit».
Ailes soll so dreist gewesen sein, dass er in seinem Büro von seiner Angestellten verlangte, sich umzudrehen, damit er ihren Hintern betrachten konnte. Kommentare über Carlsons Kleidung oder ihre Beine waren offenbar schon fast an der Tagesordnung.
Beschuldigungen von zehn weiteren Frauen
Fox News gehört zu 21st Century Fox. Das Medienunternehmen von Rupert Murdoch betont in einer Stellungnahme, Carlson sei aufgrund «enttäuschend tiefer Einschaltquoten» entlassen worden. Ihre Klage sei lediglich die Rache dafür, dass ihr Vertrag nicht verlängert wurde. Eine interne Untersuchung zu dem Fall sei eingeleitet worden.
So einfach dürfte sich Ailes, der als langjähriger Berater für republikanische Top-Politiker wie Richard Nixon, Ronald Reagan und George Bush Sr. Karriere machte, nicht aus der Affäre schleichen. Denn seit dem Bekanntwerden von Carlsons Anschuldigungen haben sich laut CNN-Journalist Brian Stelter bereits zehn Frauen bei deren Anwälten gemeldet, die ähnliche Geschichten über den Fox-Boss zu erzählen haben.