Ex-EU-Präsident
Juncker spricht sich für ein Ende der Grenzkontrollen aus

Der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Deutschland und anderen EU-Staaten kritisiert. «Ich hätte gerne, dass das aufhört», sagte er der deutschen Nachrichtenagentur DPA.
Publiziert: 07:34 Uhr
Der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stört es, dass Grenzkontrollen wieder normal würden. (Archivbild)
Foto: ANDREAS ARNOLD
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SDASchweizerische Depeschenagentur

«Wer denkt, an offiziellen Grenzpunkten Flüchtlinge zuhauf und sonstige mit Haftbefehl ausgestatteten Menschen dingfest zu machen, der irrt sich», sagte Juncker. Schlepper täten alles, um nicht in offizielle Polizeikontrollen zu geraten. Dies gelte besonders für die Grossregion rund um Luxemburg, wo es einen regen Austausch über die Grenzen zu Deutschland, Frankreich und Belgien hinweg gebe.

«Mich stört, dass es so eine normale Sache zu werden scheint, dass man Grenzkontrollen wieder durchführt. Und ich möchte mich nicht daran gewöhnen», sagte Juncker. Deutschland hatte am 16. September wieder Kontrollen an allen deutschen Grenzen eingeführt und dies mit einer Begrenzung der «irregulären Migration» und dem Schutz der inneren Sicherheit begründet. An den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz gibt es Kontrollen schon seit Mitte Oktober vergangenen Jahres, an der deutsch-österreichischen Landgrenze wurden sie bereits im Herbst 2015 eingeführt. Auch andere EU-Staaten kontrollieren wieder ihre Grenzen.

Das Schengen-Abkommen über unkontrollierte Grenzübertritte, dessen 40. Jahrestag im kommenden Jahr gefeiert werden soll, erlaubt Grenzkontrollen ausnahmsweise bei einer «ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit» für zunächst sechs Monate.

Juncker sagte, wenn man jetzt auch in Deutschland darüber nachdenke, solche Kontrollen dauerhaft einzuführen, «dann tut das dem Lebensgefühl der Menschen in der Grossregion nicht gut». Er fügte hinzu: «Insofern wäre ich dankbar dafür, wenn man dies einstellen würde.» Er begrüsste, dass das luxemburgische Parlament von der Regierung des Grossherzogtums eine Intervention bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gefordert hatte: «Ich stehe voll hinter diesem Parlamentsbeschluss.»

Laut Bundespolizei wurden im Oktober 135 illegale Einreisen aus Luxemburg gezählt, es gab 80 Zurückweisungen. Die Luxemburger Zahlen dazu fallen aber niedriger aus. «Das ist also ein Riesenaufriss, was viel Ärger für arbeitende Menschen bedeutet», sagte Juncker unter Hinweis auf rund 220'000 Grenzgänger täglich. «Die Leute sind daran gewöhnt, dass sie sich im Grenzraum so wie auf eigenem Territorium frei bewegen können.»

Wenn die deutsche Bundespolizei «bis zu den Zähnen bewaffnet» auch auf der Moselbrücke von Schengen Grenzkontrollen mache, «zeugt das ja nicht von besonderem Einfallsreichtum und auch nicht von Sensibilität im Umgang mit den Menschen in der Grenzregion», sagte Juncker, der von 1995 bis 2013 Premierminister Luxemburgs war.

Die vom Luxemburger Parlament jüngst verabschiedete Resolution gegen die Wiedereinführung von temporären Grenzkontrollen beinhaltet auch die Bitte an die Luxemburger Regierung, Möglichkeiten einer rechtlichen Anfechtung zu prüfen.

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