Europa nach der Wahl in den Niederlanden
Alles halb so Wilders?

Ministerpräsident Mark Rutte hat den Vormarsch des Rechtspopulisten Geert Wilders in den Niederlanden gestoppt. Was heisst das für die kommenden Wahlen in Frankreich und Deutschland?
Publiziert: 16.03.2017 um 12:57 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 01:35 Uhr
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Geknickt: Geert Wilders (53) tritt nach den ersten Hochrechnungen vor die Kameras.
Foto: Imago
Gregory Remez

«Europa atmet auf» – «Ein Zeichen gegen den Populismus» – «Danke, Holland!» Die Schlagzeilen nach der Wahlschlappe von Islam-Hasser Geert Wilders (53) in den Niederlanden überschlagen sich förmlich.

Viele deuten seine Niederlage und den Sieg von Ministerpräsident Mark Rutte (50) als ersehnten Befreiungsschlag für die Europäische Union – und als Wegweiser für die Wahlen in Frankreich und Deutschland.

Keine Signalwirkung

Doch ganz so einfach ist es nicht, warnt EU-Experte Thomas Schäubli (33). «Zugegeben, wir sind meilenweit von den Horrorszenarien entfernt, die man sich im Vorfeld ausgemalt hatte. Die proeuropäischen Kräfte bleiben an der Macht», sagt Schäubli im Gespräch mit BLICK. Dass das Ergebnis in den Niederlanden Signalwirkung für andere Wahlen in Europa hat, glaubt er allerdings nicht. 

Warnt vor allzu schnellen Schlüssen: Thomas Schäubli (33), EU-Experte.
Foto: ZVG

Der grosse Test stehe Europa erst noch bevor: im April in Frankreich. Und da gelten wiederum neue Regeln: «Man muss die Länder immer auch für sich betrachten. Es ist kaum vorstellbar, dass die Wahl in den kleinen Niederlanden die eigensinnigen Franzosen gross kümmern wird.»

Eskalation abgewendet

Woher rührt also die Euphorie in Europa? Schäubli: «Die Wahl war ein Stimmungstest – und der ist proeuropäisch ausgefallen. Die Eskalation bleibt in den Niederlanden aus. Aus Umfragen geht zudem hervor, dass die EU von 70 Prozent der Bürger unterstützt wird.» Entsprechend gross sei bei den nervösen Beobachtern die Erleichterung.

Leiser Abgang: Wilders blieb bei den niederländischen Wahlen weit hinter den Erwartungen zurück.
Foto: Keystone

Nichtsdestotrotz seien die Vorzeichen trügerisch: «Das Wahlergebnis lädt zu voreiligen Schlüssen und Prognosen ein. Den so oft zitierten Dominoeffekt gibt es aber nicht. Das haben die Ereignisse in anderen europäischen Ländern – man denke nur an Österreich oder Italien – gezeigt.» 

Zu viel Drama

Trotzdem zieht der Europa-Experte aus dem Wahlresultat zwei Erkenntnisse. Erstens: «Man kann mit proeuropäischen Parolen noch Politik machen – eine wichtige Lehre für Emmanuel Macron in Frankreich und Martin Schulz in Deutschland.»

Zweitens: «Die Lage in Europa wird im Allgemeinen als viel dramatischer wahrgenommen als sie tatsächlich ist. Das zeigt sich nun auch in den Niederlanden, wo die Suppe nicht so heiss gegessen wird, wie sie gekocht wurde», sagt Schäubli.

So sei etwa das von Wilders propagierte EU-Referendum nie realistisch gewesen, selbst wenn er es irgendwie in die Regierung geschafft hätte – «dazu fehlen in den Niederlanden die politischen Mittel.» Dasselbe beobachte man in Deutschland, wo die Wahlen weitaus weniger Sprengkraft hätten, als man allgemein annehme.

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