Wegen Virus-Mutation
Grenzkontrollen wegen Corona? Merkel schliesst nichts aus

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie versuchen die 27 EU-Staaten, das Tempo beim Impfen zu erhöhen und die gefürchteten neuen Virusvarianten einzudämmen.
Publiziert: 21.01.2021 um 18:41 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2021 um 19:16 Uhr
dpatopbilder - Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht bei einer Pressekonferenz zur aktuellen Lage im Haus der Bundespressekonferenz. Foto: Michael Kappeler/dpa POOL/dpa
Foto: MICHAEL KAPPELER

Bundeskanzlerin Angela Merkel warb am Donnerstag vor einem EU-Videogipfel für einen «kooperativen Ansatz». Doch schloss die CDU-Politikerin nicht aus, notfalls Grenzkontrollen einzuführen, um hochansteckende Virusformen fernzuhalten. Belgien plädierte für ein Verbot touristischer Reisen.

Bürger und Wirtschaft könnten also neue Hindernisse bei Reisen und Transporten in Europa ins Haus stehen. Dabei hoffen einige EU-Urlaubsländer wie Griechenland, Spanien oder Portugal auf mehr Bewegungsfreiheit im Sommer: Sie sind für einen europäischen Corona-Impfpass, der einfacheres Reisen ermöglichen könnte. Merkel hält die Debatte über solche Vorteile für Geimpfte aber für verfrüht.

Eigentlich herrscht im Schengenraum, dem 26 europäische Länder angehören, Bewegungsfreiheit ohne stationäre Grenzkontrollen. Doch etliche Länder hatten zu Beginn der Pandemie teils unkoordiniert Grenzen dichtgemacht oder Kontrollen veranlasst. An der deutschen Grenze zu Polen staute sich der Verkehr teils Dutzende Kilometer. Verderbliche Waren kamen nicht ans Ziel, Grenzpendler hatten Probleme, ihren Arbeitsplatz zu erreichen.

Die EU-Kommission will eine Wiederholung unbedingt vermeiden. Nur kontrollieren einige Länder bereits wieder an ihren Grenzen, darunter Ungarn, Österreich und Dänemark. Und jetzt lösen die in Grossbritannien und Südafrika entdeckten Mutanten des Coronavirus neue Ängste aus, weil sie deutlich ansteckender als bisherige Varianten sein könnten.

Dazu tauschten sich die EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstagabend bei ihrer Videokonferenz erstmals aus. Das Ziel ist klar: Die mutierten Viren gezielter aufspüren und die Verbreitung so weit wie möglich bremsen. Merkel sagte, sie erwarte, dass man sich auf gemeinsame Vorkehrungen bei Einreisen aus Grossbritannien und Südafrika verständigen werde. Deutschland hat für Reisende aus diesen Ländern bereits eine Testpflicht eingeführt.

Grenzkontrollen oder -schliessungen innerhalb der EU lehnte Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn strikt ab. Wenn Pendler zum Beispiel nicht mehr nach Luxemburg kommen könnten, bräche dort das Gesundheitswesen zusammen, warnte er im Deutschlandfunk.

Eben diese Pendler in Grenzregionen sind aus Merkels Sicht jedoch entscheidend. Sie versicherte, dass der freie Warenverkehr nicht zur Debatte stehe. Deutschland werde aber dazu beitragen, dass Pendler getestet werden könnten. Dazu sei man auch mit den Herkunftsländern im Gespräch. Sie könne nicht zusehen, wenn woanders weniger strikt agiert werde und die Menschen zum Kaffeetrinken über die Grenzen führen. Mit Blick auf die deutschen Nachbarländer habe sie aber weniger Bedenken, fügte die Kanzlerin hinzu.

Die Wirtschaft ist gegen nationale Alleingänge und fürchtet, dass wieder Waren an den Grenzen steckenbleiben - auch Medikamente oder Schutzgüter, wie BDI-Präsident Siegfried Russwurm sagte. Auch der belgische Premier Alexander De Croo will keine neuen Hürden für Lastwagen oder für Grenzpendler. Er brachte jedoch ins Spiel, touristische und andere nicht notwendige Reisen zu verbieten.

Beim Impfen rumpelt es noch in vielen EU-Staaten. Weil die Unternehmen Biontech und Pfizer kurzfristig weniger Impfstoff als geplant liefern können, wurden in Deutschland zum Teil Impftermine abgesagt. Mittelfristig drängt die EU-Kommission die 27 Staaten dennoch zu ehrgeizigen Zielen. Bis zum Sommer sollen 70 Prozent der Erwachsenen in der EU gegen das Virus immunisiert sein, bis März bereits 80 Prozent der Menschen über 80 Jahre und des Pflege- und Gesundheitspersonals.

Merkel äusserte sich zurückhaltend. Die Kanzlerin bekräftigte lediglich, dass man allen in Deutschland bis zum Ende des Sommers - also bis zum 21. September - ein Impfangebot machen wolle.

Die Kommission hält ihre Ziele jedoch für machbar, zumal bald neue Impfstoffe auf den Markt kommen sollen. Ende nächster Woche könnte der Hersteller Astrazeneca die EU-Zulassung bekommen, in den Wochen danach womöglich die Mittel von Johnson&Johnson und Curevac. Zudem soll die Produktion der zugelassenen Mittel aufgestockt werden. Ab April soll ausreichend Impfstoff bereit stehen.

(SDA)

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