Europa
EU-Ratspräsident will bei Gipfel Einigung zu Öl-Embargo erzielen

EU-Ratspräsident Charles Michel strebt beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel eine Einigung im Streit über das geplante europäische Öl-Embargo gegen Russland an.
Publiziert: 30.05.2022 um 15:10 Uhr
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Aktualisiert: 30.05.2022 um 16:52 Uhr
HANDOUT - EU-Ratspräsident Charles Michel strebt eine Einigung im Streit über das Öl-Embargo gegen Russland an. Foto: Dimitris Papamitsos/Greek Prime Minister's Office/AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits
Foto: DIMITRIS PAPAMITSOS

Mit dem jüngsten Entwurf für die Abschlusserklärung der am Montagnachmittag beginnenden Beratungen schlägt er vor, sich auf den aktuellen Kompromissvorschlag der EU-Kommission zu verständigen.

Dieser sieht vor, vorerst nur die Einfuhr von per Schiff transportiertem Öl auslaufen zu lassen. Das bislang die Embargo-Pläne blockierende Ungarn könnte sich demnach weiterhin über die riesige Druschba-Pipeline mit Öl aus Russland versorgen.

In dem Entwurf für die Gipfelerklärung heisst es konkret: «Der Europäische Rat ist sich einig, dass das sechste Paket mit Sanktionen gegen Russland Erdöl sowie Erdölerzeugnisse, die aus Russland in die Mitgliedstaaten geliefert werden, abdecken wird - mit einer vorübergehenden Ausnahme für Erdöl, das per Pipeline geliefert wird.» Der Text wurde am Montagmorgen an die Mitgliedstaaten verschickt und lag der Nachrichtenagentur dpa vor.

Über die Pipeline Druschba (Freundschaft) wird bis heute Öl aus Russland in Raffinerien in Ungarn, der Slowakei und in Tschechien sowie in Polen und Deutschland geliefert. Deutschland und Polen haben allerdings bereits klargestellt, dass sie unabhängig von einem Embargo bis Ende dieses Jahres unabhängig von russischen Öllieferungen werden wollen. Vorher sollte das Öl-Embargo ohnehin nicht vollständig in Kraft sein.

Ob der Kompromissvorschlag wirklich umgesetzt werden kann, war allerdings bis Montagmittag fraglich. Vorgespräche der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten brachten nach Angaben von Diplomaten bislang keinen Durchbruch.

Ungarn will demnach neben der Ausnahme für die Druschba-Pipeline auch Finanzzusagen für den mittelfristigen Umbau seiner Öl-Infrastruktur und Sicherheitsgarantien für den Fall von Lieferausfällen durch die Druschba-Leitung.

Die Kosten für die notwendige Umstellung von Raffinerieanlagen auf nicht-russisches Öl bezifferte die Regierung in Budapest zuletzt auf bis zu 550 Millionen Euro. Zudem müssen den Angaben zufolge 200 Millionen Euro investiert werden, um das Land künftig über eine an der Adriaküste beginnende Pipeline zu versorgen.

Als mögliches Druckmittel gegenüber Ungarn war am Montag die Einführung von hohen Sonderzöllen auf Öl-Einfuhren aus Russland im Gespräch. Sie könnten nach Ansicht mancher EU-Staaten per Mehrheitsentscheidung beschlossen werden und dazu führen, dass Öl-Importe aus Russland für Ungarn finanziell unattraktiv werden.

Ob ein solcher Schritt wirklich umsetzbar wäre, ist allerdings umstritten. Experten der EU-Denkfabrik Bruegel kamen zuletzt zu dem Schluss, dass im konkreten Fall eine einstimmige Entscheidung notwendig wäre. Diese wiederum könnte Ungarn dann wieder blockieren.

Inhaltliche Probleme mit dem Kompromissvorschlag hatten nach Angaben von Diplomaten bis zuletzt vor allem die Niederlande. Sie befürchteten, dass es in der EU zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen kommen könnte, wenn einige Staaten weiter relativ günstiges Pipeline-Öl aus Russland beziehen. Relevant ist dies auch, weil der Hafen in Rotterdam bislang ein wichtiger Umschlagplatz für russisches Öl ist und dort durch das Embargo zunächst Geschäfte wegbrechen könnten.

Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sah vor, wegen des Ukraine-Kriegs den Import von russischem Rohöl in sechs Monaten und den von Ölprodukten in acht Monaten komplett zu beenden. Lediglich Ungarn und die Slowakei sollten 20 Monate Zeit bekommen.

Auf der offiziellen Agenda des zweitägigen EU-Sondergipfels in Brüssel stehen unter anderem mögliche Massnahmen gegen die aktuell bereits sehr hohen Energiepreise, die weitere Unterstützung für die Ukraine sowie die Zusammenarbeit der EU im Bereich der Sicherheit und Verteidigung. Zur aktuellen Lage in der Ukraine wird es den Planungen zufolge ein Briefing durch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geben. Dieser soll per Videokonferenz zugeschaltet werden.

(SDA)

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