Die Worte «EU-Beitritt» oder «EU-Beitrittskandidat» kommen hingegen nirgends in der am Donnerstag von den EU-Staats- und Regierungschefs verabschiedeten Gipfel-Erklärung vor.
Diskussion um EU-Beitritte
Auch konkrete Beschlüsse mit Blick auf eine EU-Mitgliedschaft gab es keine. Dies, obwohl Serbien, Montenegro, Mazedonien und Albanien bereits seit mehreren Jahren Beitrittskandidaten sind. Kosovo und Bosnien-Herzegowina führt die EU als «potenzielle Kandidaten».
Mit dem Gipfel in Sofia wollte die EU in erster Linie der Enttäuschung in den Ländern über fehlende Fortschritte auf dem langen Weg Richtung EU-Beitritt und wachsendem Einfluss Russlands und Chinas in der Region entgegenwirken.
Daher versprachen die EU-Chefs den sechs Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien die Unterstützung der EU beim Ausbau der Infrastruktur in der Region des ehemaligen Jugoslawiens. Dies soll helfen, die Länder enger an die EU zu binden.
Als Ziel nennt die «Sofia-Erklärung» den Ausbau der Beziehungen in den Bereichen Verkehr, Energie, digitale Netze, Wirtschaft und Gesellschaft. Verstärkt werden soll auch die Kooperation «bei der Eindämmung illegaler Migrationsströme», bei Terrorismusbekämpfung und Radikalisierung.
Stärker zusammenarbeiten wollen beide Seiten beim Kampf gegen «Desinformation und andere hybride Aktivitäten». Dies vor allem mit Blick auf Russland, dem in den vergangenen Jahren Versuche politischer Einflussnahme vorgeworfen wurden.
Doch in keinem der 28 EU-Länder gibt es derzeit breite Unterstützung für eine Erweiterung der Europäischen Union. Mit wenig Begeisterung nahmen sie daher auch den Bericht der EU-Kommission im Februar zur Kenntnis, in dem Serbien und Montenegro als «Favoriten» für einen Beitritt bis zum Jahr 2025 bezeichnet wurde.
EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn sprach in Sofia zwar von einem «ambitiösen Datum». Es sei aber «aus der heutigen Sicht für das eine oder andere Land machbar» - aber nur, wenn von diesen auch «die Hausaufgaben erledigt werden».
So kommt denn auch das von der EU-Kommission ins Spiel gebrachte Datum in der Erklärung von Sofia nicht vor. «Ich halte von diesem Zieldatum nichts, weil es um einem Beitritt gehen muss, der basiert sein muss auf Fortschritten in der Sache», machte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nach dem Gipfeltreffen deutlich.
Realistische Zeitpläne
Zur möglichen Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Montenegro wollte sich Merkel nicht festlegen. Es gebe dazu einen Diskussionsprozess. Bei Mazedonien sei auch noch der Namensstreit mit Griechenland offen.
Auch der finnische Ministerpräsident Juha Sipilä bremste. Es sei wichtig, eine Vision zu haben. «Aber wir müssen beim Zeitplan realistisch sein. Es ist zu früh, über Jahre und Daten zu reden.»
Der österreichischen Kanzler Sebastian Kurz, der als einer der wenigen offensiv die Beitrittsperspektiven Serbiens und Montenegros verteidigte, bezeichnete den Westbalkan-Gipfel als einen «symbolischen Akt». Der konservative Österreicher warnt vielmehr, dass «hier der türkische Einfluss» immer stärker werde. «Das wollen wir nicht.»
In der Schlusserklärung wird noch nicht einmal von Westbalkan-Staaten gesprochen, sondern nur von «Partnern». Grund ist, dass fünf EU-Länder die Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien bis heute nicht anerkennen: Griechenland, Rumänien, die Slowakei, Spanien und Zypern.
Angesichts der Unabhängigkeitsbestrebungen in der eigenen Region Katalonien nahm Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy auch nicht an dem Treffen teil.
Die Erklärung wurde vor diesem Hintergrund auch nicht mit den Westbalkan-Staaten gemeinsam verabschiedet. Sie schlossen sich dem Dokument lediglich an.
Der letzte Gipfel mit den Westbalkan-Staaten hatte vor 15 Jahren stattgefunden. Der nächste soll nun schon in zwei Jahren folgen. Er wird im ersten Halbjahr 2020 in Kroatien abgehalten.