«Ich wünsche mir, dass das Vereinigte Königreich auch in Zukunft ein aktives Mitglied in einer erfolgreichen Europäischen Union ist und bleibt», sagte Merkel am Freitagabend im Hamburger Rathaus im Beisein Camerons.
Merkel versicherte, ein Verbleib Grossbritanniens wäre in deutschem und auch britischem Interesse. Zugleich zeigte sie Verständnis für die britischen Forderungen und appellierte an alle Beteiligten, Kompromisse zu schliessen und eine Reform der EU anzugehen.
Laut Merkel geht es bei Camerons Plänen keineswegs um rein britische Interessen. «Ganz im Gegenteil, wenn es uns gelingt, diese Anliegen in eine europäische Form zu giessen, dann glaube ich, kann das Europa als Ganzes zugute kommen», sagte die Kanzlerin. Viele Anliegen, die dieser an die Europäische Union herangetragen habe, seien nicht nur nachvollziehbar, sondern würden auch unterstützt.
So sei man einer Meinung, dass die EU deutlich mehr für Wettbewerbsfähigkeit, Transparenz und Bürokratieabbau tun müsse. Jeder Mitgliedsstaat müsse zudem in der Lage sein, seine Sozialsysteme gegen Missbrauch zu schützen.
Cameron pocht auf eine Reform der EU. Er dringt unter anderem auf eine Stärkung der nationalen Parlamente. Der Premier will seine Landsleute möglicherweise noch in diesem Jahr über einen «Brexit», also einen EU-Austritt, abstimmen lassen.
Um dies zu verhindern, wollen die EU-Staats- und Regierungschefs der Londoner Regierung entgegenkommen und sich am 18. und 19. Februar bei einem Gipfel in Brüssel auf Reformen einigen.
Für den Fall klarer Reformen sieht Cameron gute Chancen für einen Verbleib seines Landes in der EU. «Wenn wir das gemeinsam erreichen können, dann werde ich eindeutig empfehlen, dass Grossbritannien (...) zu diesen neuen Bedingungen bleibt.»
Auch mit Blick auf die Sorgen seiner Landsleute halte er ein wettbewerbsfähiges und dynamisches Europa für nötig, das Nationalstaaten respektiert. Wenn das erreicht werde, «dann können wir auch das Referendum gewinnen». Er sagte jedoch auch: «Wenn wir das nicht schaffen, dann kann ich natürlich nichts ausschliessen.»
Merkel zeigte sich zuversichtlich, dass es in Brüssel einen Verhandlungserfolg geben werde - «ohne dass ich schon voraussagen möchte, wie viele Stunden ich vom Donnerstag zum Freitag schlafe. (...) Aber wir sind lösungsorientiert.» Im übrigen habe man sich bislang immer geeinigt.
Der bisherige Verlauf der Gespräche stimme sie jedenfalls zuversichtlich, dass beim EU-Gipfel nächste Woche ein Kompromiss möglich sei. EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte vergangene Woche ein Reformpaket veröffentlicht.
Bei dem 1356 erstmals dokumentierten Matthiae-Mahl, dem ältesten noch abgehaltenen Gastmahl der Welt, kündigte die Kanzlerin zugleich an, dass Hamburg Gastgeber des G20-Gipfels 2017 sein wird. Die Treffen zählen zu den grössten Zusammenkünften von Staats- und Regierungschefs überhaupt. Vertreten sind 19 Industrie- und Schwellenländer sowie die EU.