EU-Grenzschutz-Chef zur Situation am Mittelmeer
Hilfsorganisationen behindern Fahndung nach Schleppern

Jeder habe auf See die Pflicht, Menschen zu helfen, sagt Frontex-Direktor Fabrice Leggeri (48). Doch NGOs würden den Kampf gegen Schlepper vor Libyen erschweren.
Publiziert: 27.02.2017 um 13:24 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 22:05 Uhr
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Frontex-Direktor Fabrice Leggeri (48) kritisiert den unkoordinierten Einsatz der Nichtregierungsorganisationen im Mittelmeer.
Foto: imago stock&people

180'000 Migranten haben 2016 die Überfahrt von Nordafrika nach Italien gewagt – 5000 sind dabei gestorben. Da seit einem Jahr die Balkanroute schärfer kontrolliert wird, entscheiden sich seither viele für den gefährlicheren Weg über das Mittelmeer. 

Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie die deutsche Sea Watch oder das holländische Lifeboat Project leisten Freiwilligenarbeit vor Ort: Sie fangen mit ihren Schiffen die Flüchtlingsboote auf dem Meer ab und retten die Migranten von den oft seeuntüchtigen Schiffen.

«Kriminelle Netzwerke sollten nicht unterstützt werden»

Genau diese Arbeit kritisiert nun der Direktor der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri (48), in einem Interview mit der «Welt»: «Das führt dazu, dass die Schleuser noch mehr Migranten auf seeuntüchtige Boote zwingen.»

Auf untauglichen Booten versuchen die Flüchtlinge über das Meer nach Europa zu gelangen.
Foto: AP

Auch wenn er stets betont, jeder auf See habe die Pflicht, Menschen in Not zu retten, dafür stehe auch Frontex, verlangt Leggeri nun eine Prüfung des aktuellen Rettungskonzepts vor Libyen.

Denn die Geschäfte krimineller Netzwerke und Schlepper in Libyen sollten nicht noch dadurch unterstützt werden, dass die Flüchtlinge immer näher an der libyschen Küste von europäischen Schiffen aufgenommen würden. Schon rund 40 Prozent der letzten Rettungsaktionen seien von NGOs durchgeführt worden. 

Fehlende Zusammenarbeit erschwert Ermittlungen

Ein grosses Problem sei zudem die fehlende Koordination der Hilfsorganisation und der Sicherheitsbehörden. «Das führt dazu, dass es für die europäischen Sicherheitsbehörden schwerer wird, über Interviews der Migranten mehr über die Schleppernetzwerke herauszufinden und polizeiliche Ermittlungen zu starten», sagt Leggeri. 

Er schlägt das Beispiel Spanien als Lösungsvorschlag vor: Die Migranten wurden schnell zurück an die afrikanische Küste geschickt. Die Route wurde praktisch geschlossen, weil gar nicht mehr die Chance bestand, die Kanaren und damit Europa zu erreichen.

Man müsse die Flüchtlinge zudem langfristig davon überzeugen, dass sich die illegale Einreise nach Europa nicht lohne. So gebe es zum Beispiel keine Chance auf einen erfolgreichen Asylantrag. (vac)

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