EU-Gipfel - «Brexit»
Cameron geht mit klarer Kampfansage ins «Brexit»-Drama

Brüssel – In Brüssel hat sich am Donnerstag abgezeichnet, dass die EU-Partner die Forderungen des britischen Premiers David Cameron weitgehend akzeptieren werden, um einen «Brexit» zu verhindern. Zum Auftakt der Gespräche warnte Cameron die EU jedoch noch einmal.
Publiziert: 18.02.2016 um 21:42 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:43 Uhr

«Wenn wir eine gute Vereinbarung bekommen, werde ich diesen Deal annehmen - aber ich werde keinen Deal annehmen, der unseren Bedürfnissen nicht entspricht», sagte der britische Premier in Brüssel.

Cameron will die Briten voraussichtlich im Juni über den Verbleib oder das Ausscheiden des Landes aus der EU - den so genannten «Brexit», Zusammenzug der Wörter «Britain» und «Exit», - abstimmen lassen. Vor der Volksabstimmung verlangt er jedoch eine Reihe von Reformen in der EU.

Vor dem Beginn der Sitzung sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk: «Das ist ein Gipfel des 'Alles oder Nichts'.» Die Verhandlungen würden «sehr schwierig und heikel» werden. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zeigte sich hingegen optimistisch, dass es zu einer Einigung kommt. Es sei aber noch eine Reihe von Fragen zu klären.

Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sprach von noch vielen offenen Fragen. Deutschland werde sich aber dafür einsetzen, dass Grossbritannien in der EU bleiben kann. «Das ist aus deutscher Sicht wichtig», sagte sie.

Der französische Präsident François Hollande gab sich ebenfalls zuversichtlich: «Ein Abschluss ist möglich, da er nötig ist», sagte er. «Ich wünsche, dass Grossbritannien in der EU bleibt», fügte er hinzu. Er lehne es jedoch ab, dass ein Mitgliedsland Vetorechte erhalte: «Man kann Europa nicht daran hindern voranzugehen. Das ist meine Haltung.»

Insbesondere Frankreich fürchtet nämlich, dass das Nicht-Euro-Land Grossbritannien ein Veto gegen Entscheidungen der Euro-Länder durchsetzen und die Vormachtstellung der Londoner «City» weiter ausbauen könnte. Hier dürfte es noch einige Diskussionen geben.

Für die östlichen EU-Länder war in den vergangenen Wochen die von London geforderte «Notbremse» für Sozialleistungen bei EU-Ausländern die härteste Nuss, weil aus Osteuropa besonders viele Arbeitnehmer auf die britischen Inseln gezogen sind.

Gemäss Vorschlag soll bei einer Zuwanderung von Arbeitsmigranten «von aussergewöhnlichem Ausmass» London Sozialleistungen wie Lohnaufbesserungen, Kindergeld und den Anspruch auf Sozialwohnungen für eine gewisse Zeit beschränken können.

Dies gilt allerdings nur für Neuankömmlinge. Leistungsbeschränkungen müssen darüber hinaus schrittweise wieder abgebaut werden. Als zusätzliche Einschränkung wurde in den letzten Entwurf aufgenommen, dass nur Sozialleistungen eingeschränkt werden dürfen, die rein steuerfinanziert sind - also nicht über Sozialabgaben der Arbeitnehmer. Bleibt dies in der definitiven Version bestehen, dann ist die «Notbremse» quasi für Grossbritannien anwendbar.

Die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydło sagte in Brüssel, sie wolle zwar eine Einigung mit der britischen Regierung, aber nicht um jeden Preis. Unklar ist noch, wie lange die so genannte Notbremse gelten soll, mit der ein Mitgliedsland EU-Ausländer von Sozialleistungen ausschliessen darf.

Hingegen relativ unbestritten ist die britische Forderung nach einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Auch eine Zusage an London, nicht an einer weiteren politischen Vertiefung der EU teilnehmen zu müssen, dürfte ebenso akzeptiert werden wie die damit verbundene Stärkung der Rechte der nationalen Parlamente.

Die «Brexit»-Reform stand auf dem EU-Gipfel am Donnerstag als erstes auf der Tagesordnung. Nach Beratungen über die Flüchtlingskrise beim Abendessen soll dann erneut in der Nacht und am Freitag über das Thema «Brexit» weiterverhandelt werden.

Die Verhandlungen dürften auf jeden Fall lange dauern, denn um innenpolitisch bestehen zu können, muss Cameron seine Haut in Brüssel möglichst teuer verkaufen - eine zu frühe Einigung würde dem britischen Premier zu Hause als Schwäche und als Einknicken ausgelegt werden. «Ich denke, jeder wird sein Drama bekommen», sagte Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite, «und dann werden wir uns einigen».

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