Es geht auch aufwärts in der Welt
Wo die Hoffnung wächst

Lesen Sie hier, wie Frauen in 
Afghanistan den Gewürzhandel aufmischen. Und wie ein Bauer 
in Burkina Faso in der Wüste 
ganze Wälder anpflanzt.
Publiziert: 21.12.2019 um 23:05 Uhr
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In Afghanistan ergreifen die Frauen die Initiative: Safranernte in der Nähe der Stadt Herat.
Foto: picture alliance
Johannes von Dohnanyi

Im Herbst 2017 sprach Donald Trump zum ersten Mal vor den Vereinten Nationen. «Grosse Teile der Welt», sagte der US-Präsident, «erleben Konflikte. Und einige Länder sind sogar auf dem direkten Weg in die Hölle.» Von «A» wie dem Dauerkriegsland Afghanistan bis «Z» wie dem Kleptokratenopfer Simbabwe – nichts als «Shitholes», wie Trump bei anderer Gelegenheit lautstark pöbelte.

Auf den ersten Blick spricht vieles für den Präsidenten. Schliesslich sind weltweit 71 Millionen Menschen auf der Flucht. Syrien und der Jemen sind kriegszerstört. Chile und Vene­zuela erleben eine politisch- humanitäre Katastrophe. Die Liste der Menschenrechtsverletzungen in China und Indien sind Legion.

Doch insgesamt steht die «Scheissloch»-Front heute um einiges besser da als noch vor zehn Jahren.

Es gibt eine einfache Erklärung, warum zum Beispiel der mörderische Krieg im westsudanesischen Darfur immer wieder Schlagzeilen machte, während jetzt die Vermittlungserfolge zwischen den rivalisierenden Nomaden und den sesshaften Farmern in der gleichen Region kaum Beachtung finden. Über Jahrtausende hinweg hat der Mensch eines gelernt: Gute Nachrichten sind weniger wert als schlechte Nachrichten. Denn die signalisieren Gefahr und zwingen zum Handeln.

Gemäss einer jüngst veröffentlichten Studie der New Yorker Columbia University glauben 67 Prozent der US-Amerikaner, dass die globale Armut wächst. Dabei zeigen die Statistiken, dass die von akuter Hungersnot begleitete Armut seit den 1970er-Jahren weltweit um 80 Prozent gesunken ist.

Die Richtung stimmt

Der Ende November veröffentlichte Wohlstandsindex des britischen Legatum Institute kommt zum Schluss, dass es insgesamt aufwärts geht mit der Welt.

167 Länder – oder 99,4 Prozent der Weltbevölkerung – hat der liberal-konservative Thinktank im vergangenen Jahrzehnt vermessen. Beobachtet wurden neben der ökonomischen Entwicklung auch Faktoren wie Bildung, Armutsbekämpfung, Rechtsstaatlichkeit und Gesundheitsversorgung.

Das Ergebnis des Prosperity Index 2019 ist eindeutig: 148 der 167 Probanden haben von der global gemessenen Wohlstandsmehrung profitieren können. Von den 19 Staaten, die nicht Schritt halten konnten, liegen – ­wenig überraschend – 15 in Afrika südlich der Sahara und im Nahen Osten.

Weltweit gewachsen ist die soziale Toleranz. Die Zahl derer, die besseren ­Zugang zu sauberem Wasser und Elektrizität haben, ist ­signifikant gestiegen. Offene Märkte, mehr Mobilität und das Internet haben indivi­duelle positive Lebenserfahrungen nacherlebbar gemacht.

Weil es etwa die Regierung von Ruanda mit gezielten Förderungen schaffte, dass inzwischen über 90 Prozent der Bevölkerung krankenversichert sind, ist die Sterberate der unter Fünfjährigen in dem Genozid-traumatisierten Land seit 2009 um mehr als die Hälfte gesunken.

Bittere Armut ist also kein gottgegebenes Schicksal, sondern das Ergebnis vor ­allem von Krieg, Tyrannei und schlechtem Regieren.

Menschen nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand

Und wo die korrupten Eliten versagen, beginnen sich die Menschen zivilgesellschaftlich zu organisieren. Oft treiben die Frauen den Wandel voran.

So wie in einem Dorf in der Nähe der afghanischen Provinzhauptstadt Herat, in dem etwa 50 Frauen die meisten der wertvollen Safran- und Gemüsefelder bewirtschaften. Ihr den Männern abgetrotzter Frauenrat verantwortet den Handel mit dem teuersten Gewürz der Welt. Das Kollektiv betreibt einen Kindergarten, ein Fotostudio und sogar ­einen Kosmetiksalon.

Und wem Zahlen und Statistiken nicht reichen, der sollte sich aufmachen nach Burkina Faso zu Yacouba Sawadogo. Der lässt gegen die geballte Lehrmeinung westlicher Agrarexperten mitten in der Wüste ganze Wälder wachsen.

Gestützt auf das Wissen seiner Ahnen grub Yacouba Sawadogo Löcher in den ausgetrockneten Boden. Kleine Löcher für Hirsesamen, grössere für Bäume und sehr grosse für Affenbrotbäume. Instinktiv wusste der Bauer immer, wann welcher Samen wie viel Wasser brauchte. Und eines Tages spendete sein Wald den Schatten, den Sawadogo für den Anbau von Obst, Gemüse und Getreide brauchte. Immer mehr Bauern kamen, um von ihm zu lernen.

Und als korrupte Staatsdiener ihm das plötzlich wertvolle Grünland für eine Neubausiedlung wegnahmen, suchte Sawadogo sich einfach ein neues Stück Wüste und begann von vorne.

Auch wenn Gutes schlecht enden kann, sagt der alte Bauer, bleibt es doch in den Köpfen der Menschen bewahrt. Man dürfe sich einfach die Zuversicht nicht nehmen lassen.

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