Eritrea
UNO-Bericht dokumentiert weiterhin schlimme Verbrechen in Eritrea

Genf – Ein neuer Bericht einer UNO-Kommission zu Eritrea zeichnet ein düsteres Bild des Landes. Das ostafrikanische Land ist demnach weiterhin für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich. Das Gremium empfiehlt, schutzsuchende Eritreer als Flüchtlinge einzustufen.
Publiziert: 08.06.2016 um 10:48 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 20:03 Uhr

Sklaverei, Folter, aussergerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen von Menschen und Diskriminierungen: Diese Verbrechen stehen in Eritrea nach wie vor an der Tagesordnung, wie aus dem Bericht hervorgeht, der am Mittwoch in Genf präsentiert wurde.

Erstellt hat das Dokument eine Untersuchungskommission für Eritrea, die 2014 vom UNO-Menschenrechtsrat geschaffen wurde, um Berichten über willkürliche Inhaftierungen und sexueller Gewalt auf den Grund zu gehen. Ein erstes Papier, das im Juli 2015 publiziert wurde, hatte bereits über massive Menschenrechtsverletzungen berichtet und für rege Diskussionen gesorgt.

Die Menschenrechtslage hat sich seit dem ersten Bericht keineswegs verbessert, schlussfolgert das Team um den australischen Juristen Mike Smith. Entgegen anderslautender Beteuerungen des eritreischen Regimes existiert beispielsweise die langjährige Pflicht zum Militärdienst nach Einschätzung der Kommission nach wie vor.

Die Abwesenheit demokratischer Institutionen im Lande trage seit 25 Jahren zu einem «Klima der Straflosigkeit» für Verbrechen gegen die Menschlichkeit bei, heisst es im Bericht. «Diese Verbrechen finden immer noch statt», sagte Smith.

Für die Gräueltaten sind demnach Personen bis in die oberste Ebene des Staates und der einzigen Partei verantwortlich, vor allem aber die Sicherheitskräfte und die obersten Verantwortlichen des Militärs.

Zehntausende Eritreerinnen und Eritreer sind in den vergangenen Jahren nach Europa geflüchtet. In der Schweiz sind sie die grösste Gruppe ankommender Flüchtlinge: Im vergangenen Jahr waren es fast 10'000 Asylsuchende. Sie werden nicht zurückgeschickt, weil bei einer Rückkehr Verfolgung vermutet wird.

Bürgerliche Politiker ziehen indes die früheren Darstellungen der UNO-Experten in Zweifel und drängen auf Rückführungen von Eritreern. Aus der Schweiz reisten Anfang Jahr eine Handvoll Parlamentarier auf eigene Initiative nach Eritrea und berichteten danach, sie hätten sich frei im Land bewegen und kritische Fragen stellen können. Sie fordern die Behörden auf, eigene Untersuchungen anzustellen.

Aus Sicht der Kommission sind solche Befunde nicht erstaunlich: Die ruhige Lage, die Eritrea gelegentlichen Besuchern zeige, widerspreche dem «Grundmodell» permanenter schwerer Verstösse gegen die Menschenrechte, heisst es im Bericht. Die Untersuchungskommission fordert die Länder auf, Eritreer als Flüchtlinge aufzunehmen.

Die Kommission zeigt sich auch überzeugt, dass das eritreische Regime gezielt eine Kampagne betreibt, um den ersten Bericht zu diskreditieren. Einer Zusammenarbeit verweigert sich das Regime. Wie schon für den ersten Bericht erhielt die Gruppe auch für den zweiten keinen Zugang zum Land. Der erste Bericht basierte auf den Aussagen von hunderten Zeugen ausserhalb des Landes.

Smith appelliert im neuen Bericht an den UNO-Sicherheitsrat, alles in Bewegung zu setzen, damit die Verantwortlichen in Eritrea zur Rechenschaft gezogen werden. Insbesondere soll der Internationale Strafgerichtshof angerufen werden. Smiths Kommission trug nach eigenen Angaben Beweise gegen mehrere Personen zusammen.

Der UNO-Sicherheitsrat wird auch dazu aufgerufen, Sanktionen wie Reiseverbote und die Blockade von Vermögenswerten auszusprechen. Die Afrikanische Union sollte nach Ansicht der Kommission Ermittlungen in Gang setzen und die Verantwortlichen rechtlich verfolgen.

Die Kommission fordert die eritreische Regierung zu einem Ende der Verstösse auf. Zudem verlangt sie, dass sie die Verfassung von 1997 anwendet und Konventionen zur Einhaltung der Menschenrechte ratifiziert. Zudem sollen erst kürzlich geschaffene Gesetze - etwa ein Strafgesetzbuch - in Kraft gesetzt werden.

Ferner solle die Militärdienstpflicht auf eineinhalb Jahre beschränkt werden. Es sollen auch demokratische Wahlen stattfinden und andere Parteien sowie Organisationen der Zivilgesellschaft zugelassen werden.

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