Erdogan will mehr Geld für Flüchtlinge
Europa in der Hand des Sultans

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist am längeren Hebel. Er will von der EU mehr finanzielle Hilfe – oder lässt Flüchtlinge ungehindert nach Westen ziehen.
Publiziert: 07.03.2016 um 11:54 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 03:13 Uhr
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und EU-Ratspräsident Donald Tusk bei einem Treffen letzte Woche in Istanbul.
Foto: Reuters
Von Georg Nopper

Für viele Flüchtlinge aus Syrien, Irak oder Afghanistan ist die Türkei das erste Etappenziel auf dem Weg nach Westeuropa. Etwa zweieinhalb Millionen von ihnen hat das Land inzwischen offiziell registriert. «Die Türkei hat seit Ausbruch der Gewalt in Syrien vor fünf Jahren bald zehn Milliarden Euro ausgegeben für die Flüchtlinge. Es wird Zeit, dass die EU sich angemessen beteiligt», sagt ein Politiker von Präsident Recep Tayyip Erdogans Partei AKP.

EU lockt mit Beitrittsverhandlugen 

Es ist kein Geheimnis: Erdogan kann schalten und walten, wie er will. Entspricht die EU seinem Wunsch nach mehr finanzieller Unterstützung nicht, schickt er die Flüchtlinge einfach weiter nach Griechenland. Und dann hat nicht nur der schuldengeplagte Mitgliedsstaat, sondern die ganze EU ein Problem.

Zwar hat Erdogan seit November bereits die Zusage für drei Milliarden Euro Hilfe, zudem wurden der Türkei Visa-Erleichterungen und EU-Beitrittsverhandlungen in Aussicht gestellt. Doch der Sultan am Bosporus hat nicht genug: Jetzt sollen zwei weitere Milliarden her!

Gute Chancen für Erdogan

Angesichts des innenpolitischen Drucks, der wegen des Flüchtlingszustroms auf der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen EU-Regierungschefs lastet, stehen die Chancen der Türkei für einen weiteren Milliarden-Zustupf gut.

Beim heutigen Flüchtlings-Gipfel in Brüssel zwischen der EU und der Türkei geht es um die Umsetzung des im November beschlossenen gemeinsamen Aktionsplans zur Begrenzung des Flüchtlingszuzugs in die EU. Die Forderungen an die Türkei: härteres Vorgehen gegen Schlepper, bessere Sicherung der Grenzen, insbesondere der Seegrenze. Zudem soll die Türkei Migranten ohne Anspruch auf Asyl rasch zurücknehmen.

Gabriel will mit der Türkei zusammenarbeiten

Diese Zugeständnisse werden für die EU nicht gratis sein. Das zeigt auch der Umstand, dass Erdogan im Vorfeld des Flüchtlings-Gipfels trotz zu erwartender Kritik hart gegen eine regierungskritische Zeitung vorgegangen ist und diese unter staatliche Kontrolle gestellt hat.

Das Kalkül des türkischen Präsidenten scheint aufzugehen: Viele EU-Politiker reagieren handzahm auf Erdogans Vorgehen gegenüber unliebsamen Pressestimmen, weil sie in der Flüchtlingskrise auf ihn angewiesen sind. «Die Realität ist, dass wir mit der Türkei zusammenarbeiten müssen», sagt etwa der deutsche Vizekanzler und SPD-Politiker Sigmar Gabriel dem deutschen TV-Sender ZDF. Dies, obwohl die Türkei ein «schwieriger Partner» sei, wie man gerade bei der Übernahme einer regierungskritischen Zeitung sehe.

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