Treffen sich drei Präsidenten in Ankara. Was wie ein Auftakt für einen Witz klingt, ist es auch – zumindest ein bisschen. Denn der Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (62) und EU-Ratspräsident Charles Michel (45) beim türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan (67) sorgt für Gesprächsstoff und Belustigung im Netz.
Der Grund: Beim Fototermin der drei Spitzenpolitiker am Dienstag in Ankara standen nur zwei Stühle bereit. Und während Ratspräsident Michel in einem grossen Stuhl direkt neben Erdogan Platz nehmen durfte, wurde die EU-Chefin einige Meter entfernt aufs Sofa verbannt.
Die Dame abseits auf dem Sofa, die Herren auf Augenhöhe auf den Stühlen: Diese seltsame Sitzordnung irritierte auch von der Leyen. Wie ein von ZDF-Korrespondent Stefan Leifert auf Twitter geteiltes Video zeigt, kommentierte sie den offensichtlichen Affront mit einem deutlichen «Ähhhm?!».
Vorgänger von EU-Chefin durfte neben Erdogan sitzen
Auch wenn Michel als Präsident der Staats- und Regierungschefs der EU protokollarisch über der EU-Kommissionspräsidentin steht: Am Protokoll kanns offenbar nicht gelegen haben. Fotos von alten Treffen zwischen der Türkei und der EU-Spitze zeigen, dass von der Leyens Vorgänger Jean-Claude Juncker (66) bei Treffen mit dem türkischen Staatschef nämlich sehr wohl neben Erdogan sitzen durfte. Zudem sass von der Leyen auf dem Sofa dem türkischen Aussenminister gegenüber, der in der Rangordnung des Protokolls wiederum unter ihr steht.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (55) kommentierte auf Twitter: «Solche Zeichen setzen autoritäre Unterdrücker & Machos wie Putin, Erdogan & Co bewusst. (...) Kann man sich gefallen lassen, muss man nicht. Respekt bekommt man so jedenfalls nicht bei den Herren!»
Von der Leyen: «Streben nach ehrlicher Partnerschaft»
Weder aus der EU-Kommission noch von Ratspräsident Charles Michel war Kritik zu hören. «Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Grundrechte sind Kernwerte der EU», twitterte der Ratspräsident lediglich über das Treffen. «Ich habe mit Erdogan unsere tiefe Besorgnis über die jüngsten Entwicklungen in der Türkei geteilt.»
Ursula von der Leyen sprach von einem «guten Treffen», bei dem es um wirtschaftliche Zusammenarbeit, das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei und die Erwartung, dass Ankara die internationalen Menschenrechte respektiere, gegangen sei. Ironie der Geschichte: Auch Frauenrechte waren ein Thema.
«Wir streben nach einer ehrlichen Partnerschaft», twitterte die EU-Chefin zum Abschluss. Man stehe noch ganz am Anfang des Weges. «Die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, wie weit wir auf diesem Weg gemeinsam gehen können.» Etwas näher zusammenzurücken könnte möglicherweise helfen. (kin)