Tagelang hatte sich die deutsche Regierung im September gestritten, ob der Chef des Verfassungsschutzes rausgeworfen werden soll oder nicht. Am Ende wurde Hans-Georg Maassen ins Innenministerium versetzt (BLICK berichtete). Doch daraus wird nun offenbar doch nichts. Das Innenministerium bereite derzeit Maassens Demission vor, wie die Nachrichtenagentur DPA schreibt (BLICK berichtete). Der Grund: Maassen übte in einer Rede massive Kritik an Teilen der deutschen Regierungs-Koalition. Nun wurden weitere Details dieser Rede bekannt.
Wie der «Spiegel» berichtete, hatte sich Maassen am 18. Oktober bei einer Rede vor den Chefs der europäischen Inlandsgeheimdienste in Warschau als Opfer einer Verschwörung dargestellt. Demzufolge hätten Teile der Bundesregierung sich nach seinen umstrittenen Äusserungen zu den Ausschreitungen in Chemnitz auf ihn fokussiert, um dadurch die Regierung platzen zu lassen.
«Linksradikale Kräfte» hätten ihn benutzt, um Koalition platzen zu lassen
In der Rede, die anschliessend im Intranet des Verfassungsschutzes zu lesen gewesen sei, sagte Maassen laut «Spiegel», es gebe in der Bundesregierung «linksradikale Kräfte», die von Beginn an gegen die Koalition mit der Union gewesen seien. Damit schoss er gegen die SPD. Diese Kräfte hätten in Kooperation mit Teilen der Opposition und der Medien versucht, ihn als Vehikel zum Bruch der Koalition zu benutzen. Ausdrücklich bedankt habe er sich für die Unterstützung durch Seehofer. Zudem verteidigte er seine umstrittenen Äusserungen zu «Hetzjagden» bei einer Demonstration in Chemnitz (D) erneut vehement.
Maassen war im Sommer wegen eines Interviews in die Kritik geraten, in dem er die Echtheit eines Videos zu den rechten Ausschreitungen in Chemnitz vom August angezweifelt und bestritten hatte, dass es dort Hetzjagden gab. Auch seine Kontakte zu AfD-Politikern hatten für Irritationen gesorgt.
Wochenlang stritt sich die Regierung über Maassens Zukunft
Die grosse Koalition aus Union und SPD hatte im September wochenlang über Maassens Zukunft gestritten. Nach einer anfänglich geplanten Beförderung zum Staatssekretär war am Ende vereinbart worden, dass er als Sonderberater für europäische und internationale Fragen ins Bundesinnenministerium wechseln solle.
Dies dürfte nun nicht mehr stattfinden, stattdessen soll Maassen wohl in den Ruhestand geschickt werden. Die Äusserungen würden «derzeit geprüft», teilte das Ministerium mit. Nach Abschluss der Prüfung werde Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die «notwendigen Konsequenzen ziehen», erklärte ein Ministeriumssprecher in Berlin.
Horst Seehofer, unter dem Hans-Georg Maassen auf dem neuen Posten eigentlich hätte arbeiten sollen, wollte sich zu den jüngsten Entwicklungen bisher selber nicht äussern. «Im Moment kann ich zu der Sache nichts sagen.»
Vertrauen in Verfassungsschutz sei verloren gegangen
«Nicht ohne Grund haben wir vor Wochen die Entlassung Maassens wegen seiner ständigen Alleingänge und Querschläger gefordert», erklärte der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka am Sonntag. Inzwischen sei «offensichtlich auch Herr Seehofer zu dieser Einsicht gekommen», allerdings «sehr spät». Das mache auch Seehofer zum «Verlierer».
SPD-Fraktionsvize Eva Högl beklagte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dass durch Maassens «sichtbare Neigung zu rechtspopulistischen Ansichten» viel Vertrauen in das Bundesamt für Verfassungsschutz verloren gegangen sei. Dabei müsse gerade dieses Amt alles Notwendige veranlassen, um die Demokratie vor Rechtsextremisten zu schützen.
Der FDP-Innenpolitikexperte Benjamin Strasser erklärte, Maassen hätte «schon vor Wochen aufgrund seiner zahlreichen Grenzüberschreitungen gehen müssen». Stattdessen habe Innenminister Seehofer «stur seine Hand über Maassen gehalten». Dieser stehe nun «vor dem Scherbenhaufen seiner verqueren Personalpolitik».
Maassen fehle jegliches Schuldbewusstsein
Der Vizefraktionschef der Linken, André Hahn, erklärte, Maassen fehle «offenkundig jegliches Schuldbewusstsein». Bei der Innenausschusssitzung am Mittwoch «sollte sich dann auch Horst Seehofer erklären und am besten gleich mit seinen Hut nehmen, nachdem er Maassen bis zuletzt in Schutz genommen hatte».
CDU-Vize Armin Laschet sagte dem ZDF, der Fall Maassen sei «an Absurdität nicht zu überbieten». Wenn von Maassens Seite «jetzt noch nachgekartet wird, glaube ich, dass der Bundesinnenminister sicher über Konsequenzen nachdenkt».
Nachfolger Maassens als Verfassungsschutzpräsident soll Berichten zufolge dessen bisheriger Vize Thomas Haldenwang werden. Das Bundesinnenministerium hat die Berufung des 58-jährigen Juristen bislang allerdings nicht bestätigt. (sga/SDA)